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Entspringt das Wort "Herrenmensch" dem nationalsozialistischen Wortschatz?

 

Jeder Mensch herrscht und wird beherrscht - kein Grund also, nicht über dieses Thema zu reden. Es kann unangenehm sein, wenn man das Gefühl hat, dass das eigene Leben einen Macht-Export-Defizit aufweist, um es volkswirtschaftlich auszudrücken. Es kann aber auch ein reizvolles Thema sein, wenn man eine positive Machtbilanz zu haben glaubt.

 

Anhand Nietzsches Theorien zur Sicht der Macht und Recherchen über heidnische Ideale kann man unschwer erkennen, dass es sich bei dem begriff HERRENMENSCH um Wortschöpfungen der alten Germanen handelt, die uns allerdings nicht so geläufig sind. Manche Zeitgenossen zählen den Begriff irrtümlich zu den nationalsozialistischen Wortschöpfungen. 

 

Nietzsches Sicht der Macht

 

So geschah es in einer Zeit der verstandes-orientierten Philosophie der Aufklärung, dass sich ein vielbeachteter Philosoph wieder einmal querstellte. Friedrich Nietzsche - "der mit dem Hammer philosophiert" - widersprach den Aufklärern, dass das Streben des Menschen im Erlangung von Klarheit, Verstand und Gerechtigkeit läge. Er sah den Menschen mit seinem Streben in einem ganz anderen Licht; zwar sah er die wichtige Rolle des Verstandes, aber der Verstand diente seiner Meinung nach nur einem gewissen Ziel: Dem Streben nach Macht.

 

Das menschliche Leben ist für Nietzsche also ein Streben nach Macht - und dies in den verschiedensten Formen. Der von seinen Kollegen so viel geachtete, edle Verstand sollte für ihn also lediglich ein Werkzeug zur Macht sein - damit war Nietzsches philosophischer Ansatz eine gewisse Revolution, die für reichlich Diskussion sorgte.

 

Nun gibt es (nach Nietzsche) zwei verschiedene Grundrichtungen im Umgang mit der Macht:

 

Zum einen kann ein Mensch das Prinzip "Macht" geradeheraus bejahen (positive Sichtweise), zum anderen kann er sie prinzipiell verneinen (negative Sichtweise). In beiden Fällen kann daraus auch eine Ideologie[ s.u.] erwachsen:

 

a) Die macht-bejahenden Menschen haben aktiven Machtwillen und suchen für diese Bestrebung Argumente. Sie kämpfen nicht gegen etwas, sondern für etwas. Die damit verbundene Ideologie sollte auf ein Ziel ausgerichtet sein, welches unabhängig vom aktuellen Zustand der Gesellschaft ist. Dieses Ziel definiert sich nicht durch aktuelle Missstände, sondern durch unabhängig gewonnene Kriterien (soweit dies überhaupt möglich ist).

 

Ein mögliches Beispiel dafür wäre das Ideal einer hierarchischen, psychologischen Gesellschaft; also eine Gesellschaft, in der die gesunde Psyche des Menschen ein hohes Ziel ist. Dabei sollte der Entwicklungs-Grad des einzelnen über das Maß seiner persönlichen Macht bestimmen. Dieses Ideal kann als im Grunde unabhängig vom Zustand unserer heutigen Gesellschaft angesehen werden (obwohl spitzfindige Zeitgenossen anmerken würden, dass heutzutage eine systematische Verdummung betrieben wird - durch TV und ähnliches). Tenor: "Die Macht ist etwas ganz natürliches. Irgendjemand muss sie ergreifen. Ich bin bereit Kriterien zu entwickeln, um die Gesellschaft hierarchisch zu ordnen. Es gibt immer Herrscher und Beherrschte. Ich will ein Herrscher sein."

 

b) Die macht-verneinenden Menschen lehnen die Macht von Menschen über Menschen ab. Sie wollen bestehende Machtverhältnisse enthüllen, um sie zu verneinen und zu bekämpfen. Die damit verbundene Ideologie wird daran zu erkennen sein, dass sie Aspekte der aktuellen Gesellschaft negiert und bekämpft.

 

Ein klassisches Beispiel dafür ist die (linke) Anarchie. Vertreter dieser Anschauung wollen bestehende Machtverhältnisse auflösen, ohne die entstehende Lücke aufzufüllen. "Keine Macht für niemand - wählt ungültig!" kann man auf einer Häuserwand in Krefeld lesen. Hier nahm sich jemand die Macht der Beeinflussung der Mitmenschen durch das Mittel der Sachbeschädigung. Tenor: "Alles ist gut, wenn es nur anders ist, als der jetzige Zustand. Ich werde alles in meiner Macht stehende tun, um die Macht des Menschen über den Menschen zu brechen".

 

F. Nietzsche wählte also zwei Schubladen, in die er seine Mitmenschen einsortierte:

 

Der HERRENMENSCH

 

Der Menschenschlag, der das Phänomen der Macht offen bejaht, der sich und anderen eingesteht, dass die Menschen Macht übereinander haben sollen, wird von Nietzsche als HERRENMENSCH bezeichnet. Er lebt mit einer Herrenmoral, die schöpferisch in die Welt eingreift.

Leider bleibt Nietzsche aber einer konkreten, positiven Schilderung dieses Typus schuldig. Er bevorzugt wohl offensichtlich diesen Menschen-Typus, der aktiv und schöpferisch in das Weltgeschehen eingreift. Dabei kommt die Begrifflichkeit über Worte wie "Wille zur Macht", "Kampf", "Züchtung", "Übermensch", "die Starken der Zukunft", " Blonde Bestie", "Distanz", "Rangordnung" und ähnliches nicht hinaus {Seite 59}.

 

Der SKLAVENMENSCH

 

Im Gegensatz zum Herrenmenschen definiert Nietzsche die Menschen, die ein Problem mit aktiver Macht haben als SKLAVENMENSCHEN. Der so definierte Mensch lehnt das eigene Potential der Macht über andere Menschen ab und versucht, sich in die Welt einzupassen, wie sie sich um ihn herum gestaltet. In seiner Unterwerfung und Schwäche ist er ungebrochen und ehrlich. Diese Moral bezeichnet Nietzsche als Sklavenmoral.

 

Gefährlich sieht es aus, wenn der betroffene Sklavenmensch die erlebte Schwäche und Unterwerfung nicht zu bejahen vermag, sondern als Verletzung, als Entwürdigung erfährt, und nicht zu einem konstruktiven Gegenzug im Sinne von bewusster Macht fähig ist.

Es kommt in diesem Fall zu einer kompensatorischen Ersatzhandlung, die in einer Umwertung aller bis dahin als positiv geltenden Werte äußert. Das Gute der Starken wird als böse umgewertet und das Unvermögen der Schwachen, eben ihre Schwäche, als das eigentlich Gute zum Kern einer neuen Moral erhoben: einer Moral, die den Starken ein schlechtes Gewissen gegenüber ihrer Stärke erzeugt und damit unter Umständen den bisherigen Willen zur Macht pervertiert.

 

Durch diesen Prozess gewinnt ein Mensch an Macht, die er aber als solche nicht wahrnehmen kann, da sie unbewusst ist und nur als Reaktion auf die aktive Macht der anderen Menschen verstanden wird. Der Sklave braucht stets einen Herren, um sich an ihm zu reiben. Der Herr ist somit das Alibi des Sklaven. Der Sklave glaubt zwar keine Macht haben zu wollen, fühlt sich aber gezwungen, die bestehenden Ungerechtigkeiten des Herren zu bereinigen. Daraus zieht er seine Energie und seine Rechtfertigung. Erst durch das "Böse" "aktiviert" zieht der Sklave in den Moral-Krieg ein.

 

Soweit die Theorie Nietzsches. Da diese Ideologientheorie seitens Nietzsche stets vage und offen geblieben ist, erweist sie sich als sehr schwierig, da nicht nur schwer auszumachen ist, wer die Schwachen sind, sondern vor allem, wer die Starken sind. 

 

Damit trägt diese Theorie hauptsächlich dazu bei, dass gegensätzliche Parteien sich gegenseitig denunzieren, wer denn nun zu welcher Partei gehöre. Darüber hinaus verführt sie in ihrer Allgemeinheit auch dazu, missbraucht zu werden, denn sowohl das Vokabular, als auch der Inhalt kann einen positiven Machtmenschen - also einem Menschen mit natürlicher Herrenmoral - dazu verführen, gewissenlos zu handeln.

Dies war zum Beispiel bei den Nationalsozialisten der Fall (sie sahen sich bekanntermaßen als Herrenmenschen an). Hier wurde der Begriff Herrenmensch als Eigenrechtfertigung missbraucht - im Sinne von "Ich darf Macht haben und (brutal) ausüben, weil ich einen Drang dazu habe. Der Drang ist eine Rechtfertigung in sich".

 

Es fehlen also jede Art von Kriterien durch Nietzsche, die angeben, welche Randparameter bestimmen, wann ein Starker nicht nur den Willen zur Macht haben darf, sondern diese Macht auch tatsächlich ausüben darf.

 

Eine Unterscheidung zwischen Starken und Schwachen ist ebenfalls nicht leicht zu treffen. Wann ist ein Mensch aus sich heraus machtbewusst und wann ist er nur als Reaktion machtbesessen? Oder anders gefragt: Wann ist Machtausübung nicht gegen eine andere Macht gerichtet, so dass man sich nicht fragen müsste, ob da ein Schwacher am Werke sein könnte?

Dies gilt natürlich auch für das obige Beispiel der Nationalsozialisten: War die Macht-Grausamkeit nicht eine Reaktion auf (mutmaßliche) Dominanz der Juden in den 30er Jahren? Macht ist wohl immer eine Gegenkraft zu einer anderen Macht, so dass der Verdacht von Schwäche nie ausgeräumt werden kann.

 

Mit diesem Wissens-Stand muss man sich fragen, welche Bedeutung eine (Macht-) Theorie haben kann, wenn die zugrundeliegenden Kategorien verschwimmen? Nietzsche kann uns darauf leider nicht antworten. Fairerweise muss aber hinzugefügt werden, dass die oben zusammengefasste Macht-Typologie nicht das Resultat einer intensiven Nietzsche-Studie ist, sondern nur auf wenigen Seiten der Sekundärliteratur basiert.

 

Eine Synthese

 

Ungeachtet dieser offenbaren, praktischen Schwierigkeiten hat das Denkschema Nietzsches einiges für sich. So oft kann man sich bei der Beurteilung von menschlichem Handeln fragen: "Handelt ein Mensch aus Stärke, oder aus Schwäche?". Diese Fragestellung kommt dem Herren/Sklaven-Denken in manchen Aspekten recht nahe.

Diese obige Frage ist wichtig, denn "Wenn zwei Menschen das Selbe tun, ist es noch lange nicht das Gleiche". Sprich: Eine Handlung ist nicht nur danach zu bewerten, was sie bewirkt, sondern auch danach, aus welcher (persönlichen) Situation sie resultiert.

Beispiel: Wenn ein Mensch mich hart zurückweist, so macht es für mich einen Unterschied, ob er es gewohnheitsmäßig tut, oder ob er sich das erste Mal aus seiner Haut heraus wagt.

 

Die Fragestellung, die Nietzsche mit seiner Herrenmoral anspricht, ist also von Belang; aber seine Klassifikation von Herren und Sklaven scheint durch sachliche, gesellschaftliche Kriterien nicht eindeutig stützbar zu sein.

 

Wenn eine sachliche Unterscheidung nicht möglich ist, wie sonst könnte man den Nietzsch'en Denkansatz konstruktiv nutzen? Eine Möglichkeit ist die, dass man nicht die gesellschaftlichen (externen) Faktoren als Maß nimmt, sondern die psychologischen (internen) Faktoren des betroffenen Menschen.

 

Folgende Arbeitshypothese soll gelten:

 

Psychologische Kriterien für einen "Sklavenmenschen":

 

Wenn ein Mensch ohne bewusste und offene Machtbestrebungen lebt und plötzlich starke emotionale (sozusagen allergische) Reaktionen zeigt, wenn andere Menschen ganz offen über ihren Machtwillen sprechen, so lässt sich vermuten, dass es sich um einen unterdrückten Sklaventypus handeln könnte. Dies gilt insbesondere dann, wenn dieser Mensch plötzlich Machtansprüche speziell gegenüber diesen Menschen entwickelt.

Sämtliche Argumente und Handlungen dieses Menschen müssten in diesem Fall als verzweifeltes Um-Hilfe-Strampeln eines schwachen Menschen angesehen und dementsprechend behandelt werden.

 

Psychologische Kriterien für einen "Herrenmenschen":

 

Zunächst fällt auf: Es ist nicht so leicht die positiven Eigenschaften eines hochentwickelten Menschen zu beschreiben. Das liegt nicht zuletzt daran, dass kaum ein Mensch auf der Stufe des positiven Ideals steht; die niedrigen Elemente in uns selbst kennen wir aber oft gut. Dies ist vielleicht auch ein Grund für Nietzsches knappe Beschreibung des doch von ihm bevorzugten Herrenmenschen.

 

Dennoch ein Versuch:

 

Auf der anderen Seite müssen diejenigen Menschen, die sich als stark ansehen, überlegen, ob die Stärke nicht aus einer eigentlichen Schwäche herrührt. Die zwanghafte Kritik der Schwachen soll nicht als schwach angesehen werden, sondern stets ein Anlass sein, den eigenen Umgang mit Macht zu überdenken.

 

In beiden Fällen ist es wichtig, dass Menschen u.a. ihre Kindheit untersuchen, um festzustellen, "aus welchem Stall" sie kommen. Ist es eine Familie der Unterdrückung, oder eine Familie der Überheblichkeit, die aus uns einen Starken oder Schwachen gemacht haben?

 

Im Gegensatz zu Nietzsche ist Macht immer mit Verantwortung verbunden - Verantwortung für die Menschen, über die Macht ausgeübt werden soll. Die wenigsten Menschen haben von Geburt an ein in dieser Hinsicht gesundes Verhältnis zur Macht. Die meisten müssen es sich schwer erarbeiten und viele Fehler machen, bis sie GESUND sind.

Quelle: "Ideologie, eine historisch-systematische Einführung" von Hans-Joachim Lieber, 1985, erschienen bei UTB für Wissenschaft, Paderborn, Seiten 55 - 60.

 

 

Heidnische Ideale

 

In dieser Kriegerethik schätzt man bis zur Einseitigkeit die harten Eigenschaften am Menschen. Härte gegen sich selbst wie gegen Freund und Feind. Also auch keine Kreuzträgerei, kein Mitleiden und kein böses Gewissen!

 

Altdeutsche Männernamen wie Steinhart, Stahelhart enthalten ein Wunschbild; wir wissen, ein nicht immer verwirklichtes! Bei Süd- und Nordgermanen finden wir das Wort "einhart": zunächst "eigenwillig, unbeugsam", dann auch soviel wie "zuverlässig, ehrenhaft"; bezeichnend, dass der Messiasdichter es umwertet zum Ausdruck für die verstockten Hohepriester!

 

Diese erstrebte "Einhärte" schließt innern Kampf nicht aus, vorübergehende Spaltung des geschlossenen Ich: schon alte Heldenstoffe stellen Widerstreit der Pflichten oder Neigungen ins Licht. Auch Reue über den eigenen Schritt konnte schon in heidnischen Herzen keimen, mochte man nun den bösen Rat eines Dritten anklagen oder die Reizung durch die geheimnisvollen Schicksalsmächte.

 

Wille und Tat, das verlangt man vom Manne. Das Wehrhafte und Trotzige gilt höher als das Nachgiebige und Versöhnliche. Denn in dieser Welt der Selbsthilfe und der Unsicherheit ist das erste, dass einer sich und die Seinen schützen kann; und wer handfest zu schützen weiß, hat leicht auch Herz und Faust zum Angriff.

 

Im tiefsten unchristlich ist, dass man sich offen und freudig bekennt zum Stolz und zum Machttrieb

 

Mit Mitgefühl folgt man dem Selbstbewussten, den das Schicksal beugt. Etwas Neues ist in den christlichen Geschichten der Blick der Genugtuung, der den Sturz des Mächtigen trifft. Soweit in den Sagas Voreingenommenheit und Schadenfreude besteht, richtet sie sich weit weniger gegen den Gewalthaber und Unterdrücker als den Duckmäuser und Leisetreter. Auch gegen den Emporkömmling. Denn der Adelsstolz wirkt auch hier auf das Urteil ein; der Wohlgeborene darf sich mehr erlauben, man traut ihm besseres zu.

 

Die altnordische Sprache kennt das kaum übersetzbare Wort "Mikil-menni". Sein Sprachsinn ist "Großmann, Mann von großer Art". Das Wort kann auf das gesellschaftliche Ansehen gehen, auf Einfluss und Bedeutung im allgemeinen. Zuweilen verstärkt sich sein ethischer Beiklang, und wir können ungefähr mit "Herrenmensch" übersetzen; der Großzügige im Machtwillen wie im Schenken und Helfen. Ihm steht das "Litilmenni" gegenüber: der "Lützelmann", der Mann kleinen Zuschnitts; dem vor jedwedem bangt und den die Gabe reut, wie wir es bei dem Sittendichter lasen (Abschnitt 5); der "Spießbürger" in dieser waffentragenden Landwirtsgesellschaft.

 

In der Art, wie man das "Mikilmenni" und das "Litilmenni" einschätzt, zeigt sich so recht die Umwertung unterm neuen Glauben. Um die neue Tugend der Demut germanisch zu benennen, musste man zu Wortstämmen greifen, die den Niedrigen oder den Knecht meinten; Demut war in der Tat, nach der alten Anschauung, Knechtsgesinnung. Das offene Bekenntnis zum Herrenmenschen fließt aus einem Lebensstil, der nicht nur Krieger-, sondern auch Herrenmoral heißen darf. Es ist schade, dass Nietzsche, der Verkünder dieser Wertung, die Isländersagas nicht kannte! Diese erdenfesten Urkunden hätten seinem mehr aus Sehnsucht als aus Anschauung geborenen Bilde Blut einflößen können.

 

Wo sich das schroffe Entweder-oder erhebt, da wird sich der Herrenmensch für die persönlicheren Antriebe entscheiden. Eigene Größe und Unbescholtenheit, die Bande der Sippe und Freundschaft, diese persönlichen Mächte ordnen sich über den unpersönlicheren, gedanklichen: der Gerechtigkeit und Wahrheit, dem Frieden, auch dem Gemeinde- und Staatsgefühl.

 

Denn jene persönlichen Mächte sind stärker vom Ehrgefühl betont, und das Ehrgefühl stellt die Stufenleiter der sittlichen Werte her. Gerechtigkeits- und Friedensliebe sind Tugenden, die man lobt, aber Tugenden zweiter Ordnung: es war "kleiner Leute Art", dem Rechte die eigene Ehre oder den Freund zu opfern, dem Frieden zuliebe eine Kränkung einzustecken.

 

Da zeigt sich uns die Kluft, die den heidnischen Germanen von dem christlichen Staatsbürger trennt.