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Impressum

 

 7. November 2010    - Ruhestand von Klaus Klee

 

Handgemachtes lokales Kabarett

Veranstaltungsbericht einer der vier Veranstaltungen des Jahres 2010

der Gruppe MIKROKOSMOS des "HMV Edelweiß" gegr. 1896 e.V.

im Evangelischen Gemeindezentrum in Maintal-Hochstadt

 

aus der Sicht eines Ensemble-Mitgliedes


 

In diesem Jahr gab es vier Veranstaltungen, die am 30. und 31. Oktober und dem 6. und 7. November 2010 stattfanden. Alle Karten waren erneut innerhalb weniger Stunden verkauft. MIKROKOSMOS wurde innerhalb von sechs Jahren zu einer regionalen Institution und zu einem festen Bestandteil der Maintaler Kulturszene. Die Fangemeinde wächst von Jahr zu Jahr. Wie lange wird es noch bei vier Veranstaltungen pro Jahr bleiben?

 

Es sind natürlich die handgemachten Texte und die Vielseitigkeit der Akteure, die von der Fangemeinde geschätzt werden. Was man im MIKROKOSMOS hört und sieht, ist taufrisch, unverwechselbar und mit klarem lokalem Bezug. Die Besucher finden sich thematisch sofort wieder, egal ob in ihrer kleinen häuslichen Welt, ihrer  Nachbarschaft, der großen und kleinen Politik, dem Berufsleben oder auf anderen Gebieten. Die Kabarettisten  nehmen im Laufe  der Zeit einfach alles unter die Lupe und auf die Schippe. Alljährlich greifen sie rund 30 Themen auf, die sie satirisch aufbereiten. Inzwischen entstanden über 200 satirische Texte, die auf der Bühne spielerisch umgesetzt wurden. Trotz dieser Vielfalt werden sie immer wieder fündig. Es sind die Mitmenschen selbst, die für den thematischen Nachschub sorgen.

 

Die Themen werden mittels eines roten Fadens zusammengehalten, um die recht kurzen Umbauphasen zu überbrücken. In den letzten zwei Jahren bestand dieser rote Faden aus nachbarschaftlichem "Gebabbel" von Fenster zu Fenster. Elf kurze Sketche bildeten in diesem Jahr eine in sich geschlossene Geschichte, von der noch die Rede sein wird.

 

Man kann es vorwegnehmen: Das Kabarett-Programm 2010 schloss lückenlos am Erfolg der Vorjahre an und die Akteure sprühten förmlich vor Spielfreude. Das übertrug sich an allen Abenden auf das Publikum und deren Stimmung trug so zum Gelingen bei. Denn - mal ehrlich - erst die Publikumsreaktion macht den Erfolg aus und die Auftritte zu einem unvergesslichen Erlebnis.

 

 

Im Jahr 2010 bestand das Ensemble aus Angela Cercas, Brigitte Rosanowitsch-Galinski, Frank Walzer, Gisela Jeske, Helmut Roog, Isa, Johannes Matthias, Katja Welsch, Klaus Klee, Nina Stein, Pia Jost, Silvia Koffler und Stefan Lohr sowie dem in diesem Jahr im Ausland weilenden Colin Stein, der zusammen mit dem Leiter der Gruppe Frank Walzer, Klaus Klee und Brigitte Rosanowitsch die Stücke schrieb.

 

Stimme aus dem Off:

Katrin Koffler

 

Für Technik, Licht und Ton waren zuständig:

Fabian Dimter und Wolfgang Schäfer.

 

Bühnencrew:

Markus Koch, Stefanie Melzer und Christian Klyn

 

Bühnenbild:

Wilhelm Walzer

 

Ferner bedanken wir uns bei  Kevin Klyn und den "Old Boys des HMV" für die großartige Unterstützung.

 

 

Nun aber zum Programmablauf und den Bildern, die von Kalle Meier fotografiert wurden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bilder 

von

 

superknipsi@t-online.de 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Eingangsstück "Am Wasserhäusi"

 

Am Anfang und am Ende des Programms ist es im MIKROKOSMOS so üblich, dass alle Akteure gemeinsam auftreten. Zu Beginn des Programms traf man sich zu diesem Zweck am "Wasserhäusi", der Trinkhalle beziehungsweise am Kiosk, um alle gängigen Bezeichnungen der Region zu bemühen und es kam zu einigen AHA-Effekten. An diesen Orten herrscht nämlich eine ganz spezielle Kultur, die auf die Schippe genommen wurde. 

 

Ob städtische Arbeiter, Spießbürger, Hausfrau, Rentner und/oder Berufstätige auf dem Weg zur Arbeit - alles trifft sich hier. Für ganz besondere Frühaufsteher fiel am Fenster der Hinweis "in drinkenden Fällen 2x klingeln" auf. 

 

Den Schlusspunkt setzte - wie in jedem Jahr - auf die Frage, wann es denn jetzt wirklich los gehe, die Antwort aller Akteure: "Genau jetzt!" Alljährlich wächst die Zahl der kundigen Zuschauer, die ebenfalls genau diesen Satz zum gleichen Zeitpunkt retournieren. Das Spektakel konnte beginnen.

  

                   

 

Begrüßung 

 

Alljährlich wechselt im MIKROKOSMOS die Aufgabe, das Publikum zu begrüßen.  In diesem Jahr übernahm Pia Jost die Begrüßung auf besonders launige Art und drückte so dem Programmpunkt ihren unverwechselbaren Stempel auf. Aus dramaturgischen Gründen wurde sie regelrecht auf die Bühne geschubst, um ihr den richtigen Kick zu geben. Sie bediente sich auf originelle Art einprägsamer Piktogramme, die ihre Wirkung beim Publikum nicht verfehlten. Knapp und gut pointiert ebnete sie der Kabaretttruppe den Weg, sodass man in den nächsten Programmpunkt einsteigen konnte.

 

Fensterstück "Die Post kommt"

 

Nun konnten sich die Zuschauer auf die beiden Nachbarinnen der Hochstädter Hauptstraße  (Angela Cercas und Gisela Jeske alias Frau Schnallerbeck) einstellen, die sich während des Programms immer wieder hibbelig auseinander setzten. Die coole Briefträgerin (Katja Welsch) fungierte dabei als Bindeglied. Sie hatte zunächst einen Disput mit der einen Nachbarin, die aus Neugier unbedingt die nachgesendete Post der Schnusenbergs, die bis im vorigen Jahr  noch im Nebenhaus wohnten, abfangen wollte. Das misslang natürlich gründlich, was die Einheimische prompt mit einem "Dann halt net!" quittierte. 

 

Die Postbotin befasste sich zwischendurch mit dem Publikum und klärte über die neuesten Neuigkeiten in der Nachbarschaft auf. Auch ein Päckchen eines Sex-Versandhauses erregte ihre Aufmerksamkeit, wobei sie listig bemerkte, dass irgendwann so ein Päckchen ja auch mal beschädigt sein könnte...! Am Ende des Sketches schaltete sich dann auch Frau Schnallerbeck ein, die der Postbotin nach einem kurzen informativen Schwatz erklärte, dass sie ihre Wohnung neu vermiete und heute einige Interessenten kämen. Der Spannungsbogen war gelegt.

 

Das Ehrenamt

 

Vor der Trinkhalle trafen sich zwei alte Bekannte (Brigitte Rosanowitsch-Galinski und Klaus Klee), wobei sich herausstellte, dass der männliche Part inzwischen in Rente gegangen war und einfach so in den Tag hinein lebt. Sie als engagierte Ehrenamtlerin versuchte ihm nun, Ehrenämter schmackhaft zu machen, weil er dort wieder etwas "Vernünftiges" machen könne. Seine Skepsis blieb bis zum Schluss, was sich in allerlei abstrusen Ablehnungsfloskeln ausdrückte. Selbst die Aussicht auf eine Ehrung mit Urkunde ähnlich der Ehrung engagierter Frauen, denen man im Maintaler "Frauenhain" eine Linde pflanzt, konnte ihn nicht wirklich begeistern und er reklamierte für verdiente Männer einen Männerbeirat und einen Männerhügel, auf dem man Eichen pflanzen könne. Zum Schluss ging er dann doch mit der Idee schwanger, da es offensichtlich "ohne ihn nicht gehe"! Auf kurzweilige Art wurde im Sketch das ehrenamtliche Engagement vieler Maintaler Senioren und deren Einbindung in das soziale Netzwerk sowie die Rolle der Kommune thematisiert. Für viele engagierte Senioren und Kommunalpolitiker war das ein Grund zum Schmunzeln.

 

Der Disput

 

Als eine Hausfrau (Nina Stein) einen Juristen (Johannes Matthias) und Stadtverordneten befragte, wurde das beruflich geprägte Denken von Juristen transparent, das gelegentlich zu sonderbaren Verhaltensweisen in der Politik führt. Damit erklärte sich, wie so manche fragwürdigen Statements von Kommunalpolitikern zu verstehen sind, von denen man annimmt, dass diese sich schon von Berufs wegen gerecht und sozial verhalten müssten aber gegenteilig handeln. 

Bei der Konfrontation mit der Annahme, als Jurist und CDU-Mitglied müsse er doch Demokrat und gerecht sein, kam das erste ernüchternde Statement. Die Frage, wem er sich denn verpflichtet fühlte, brachte die ganze Gesinnung auf den Tisch. Er fühlte sich weder dem Bürger, dem Wähler, der Partei oder seiner Gesinnung verpflichtet und pflückte alle Begriffe so auseinander, dass sie ihn persönlich gar nicht betreffen konnten. Völlig richtig aber aus der Sicht der Zuschauer verwirrend bemerkte die Hausfrau, dass man das nun endlich auch mal begreife. Kenner der Kommunalpolitik kamen bei diesem Sketch auf ihre Kosten. Die Juristen dürfte es zum Nachdenken angeregt haben.

 

Der Integrationsprozess

 

Die Integration ist in aller Munde und es gibt in einigen Bundesländern sogar einen Integrationstest, dem sich einbürgerungswillige Ausländer unterziehen müssen. Im MIKROKOSMOS setzte man einen Bürger aus den neuen Bundesländern (Johannes Matthias) dem Integrationstest aus, um zu erfahren, wie integrationswillige Deutsche die Fragen beantworten würden. Die Richterin (Isa) erwartete dabei exakt die gleichen einstudierten Antworten, die für integrationswillige Migranten gelten und sie kamen bei der Testperson wie am Schnürchen. Dabei wurde das Gedankengut transparent, das hinter diesem Fragenkatalog steht. Mit dem Abfragen einstudierter Antworten auf teilweise sogar intime Fragen war es möglich, die Einbürgerungsfähigkeit amtlich zu attestieren. Beide Akteure ließen die Zuhörer trotz des lustig anmutenden Spektakels nachdenklich zurück. Genau so war es gewollt.

 

Der Knoddersack

 

Ein Rollstuhl stand bisher noch nicht auf der MIKROKOSMOS-Bühne. Schaut man jedoch ins Gleichbehandlungsgesetz, so dürfte ein Rollstuhl kein Ausschließungsgrund in diesem Metier sein. Also erschien ein launiger Senior mit Rollstuhl (Klaus Klee) auf der Bühne, der von seiner Enkelin (Pia Jost) betreut wurde. Als die Enkelin zu Beginn das Lied "Lebt denn der alte Holzmichel noch?" zur Unterstützung der Morgengymnastik anstimmte, schwankte die Publikumsreaktion noch zwischen Empörung und Belustigung. Schnell wurde aber klar, dass die angebliche Behinderung des Seniors nur eine Masche war, um sich innerhalb der Familie Dienstleistungen zu erschleichen. So war die erkannte Schlitzohrigkeit des mit zittriger Stimme ewig Fordernden der besondere Reiz des Stückes, der - wenn er mit dem Publikum allein war - völlig normal sprechend seine Strategie erläuterte. Mit dem denkwürdigen Satz der Enkelin "Kerzen, die zuerst flackern, die brennen am längsten" endete die vom Publikum gut angenommene Persiflage auf so manche Stresssituation im häuslichen Pflegebereich.

 

Konfessionsethik

 

Die empörenden Ereignisse in der Odenwaldschule lieferten den Stoff für diesen Programmpunkt. Subdiakon Farrenschwanz (Stefan Lohr) wurde von einem ehemaligen Schüler der "Rabenwaldschule" und heutigen Rundfunk-Moderator (Frank Walzer) zu den Vorgängen an der Rabenwaldschule befragt. Auf raffinierte Art wurde vermittelt, dass die Aufarbeitung nur an der Oberfläche und unter dem Druck der Öffentlichkeit stattfindet, sodass sich im Grund genommen nicht viel ändert. Der Subdiakon - auf einem erhöhten Podest thronend - verbarg unter seinem Ornat einen Buben, dem er gelegentlich den Kopf tätschelte, während er die Fragen des Moderators beantwortete. Dabei bemühte man auch das Lied von Gunter Gabriel "Komm unter meine Decke", in das der Subdiakon einstimmte. Als sich der Moderator nach dem Abschalten des Mikrofons noch einmal persönlich und lobend zu seinen lehrreichen Jahren in der Rabenwaldschule äußerte, kam der Bub (Johannes Matthias) mit Schuhbürste und Lappen unter dem Rock hervor, um zu melden, dass die Schuhe nun wieder frisch gewichst seien. Die skandalös empfundene Beobachtung hatte sich harmlos aufgeklärt.

 

An der Supermarktkasse

 

Die Automatisierung macht auch vor den Supermärkten nicht halt. Die Rede ist von den Selbstbedienungskassen. Eine solche Kasse wurde um eine freundliche Stimme ergänzt, die den Kunden behilflich ist. Katja Welsch und Stefan Lohr als Kunden machten erste Bekanntschaft mit der Neuerung. Die Computerstimme (Isa) schweifte neben der praktischen Hilfe bei der Bedienung der Kasse direkt ins Private ab, als sie die beiden Akteure einzeln vor sich hatte. Nicht zuende gebrachte praktische partnerschaftliche Ratschläge führten bei den Kunden zum Verdruss, wobei sogar die Kasseneinrichtung traktiert wurde. Erst als eine weitere Kundin (Silvia Koffler) hinzu kam, löste sich die Situation auf. Der Sketch lebte vor allen Dingen von der Komik der Situation.

Programmunterbrechung

 

MIKROKOSMOS-Chef Frank Walzer unterbrach kurzerhand das Programm und verlas gefasst  Eilmeldungen zur Konjunktur und zur Wirtschaftskrise. Er zeichnete mit Worten ein dramatisches Bild von Inflation und politischer Instabilität, wobei er auch die finanzielle Situation Griechenlands und dessen Verhältnis zur Türkei einbezog. Angeblich stünden beide Länder im Krieg, damit sich die Finanzsituation Griechenlands aufbessern könne. Die Griechen und Türken in unserem Land wurden zur Rückkehr in ihre Heimat und zum Militärdienst aufgefordert. Es war die Rede von Internierungsräumen für Türken, steigenden Preisen und fallendem Euro, von Unruhen und skurrilen Auswirkungen auf das Leben in unserem Land. Das lokale Kabarett müsse sich in "lokales heimatliches Fronttheater" umbenennen, "dürfe aber bis zum Schluss spielen, wie auf der Titanic". Eine letzte Meldung löste dann die Situation wieder auf und Frank Walzer machte dem Publikum nach einer kurzen Entschuldigung deutlich, dass in der heutigen Zeit fast alles möglich sei.

 Die Kartenvorverkaufskommission

 

Der Kartenvorverkauf für Veranstaltungen ist mitunter sehr problematisch. Je nach Interesse kommt es zum Run oder zur endlos langen Werbung ums Interesse.  Helmut Roog, Isa, Nina Stein und Johannes Matthias brachten die oft stressige Situation auf die Bühne und kreierten immer neue Varianten, bei denen jedoch stets im Fokus stand, dass die eigenen Mitglieder dadurch keine Nachteile haben dürften. Das traf exakt die Einschätzung vieler Besucher. 

 

Der Satz "Mer muss halt den kenne, der den kennt, der de Karteverkauf menetscht, dann krieht mer aach am letzte Daach noch gut Karte" scheint der Wahrheit immer wieder sehr nahe zu kommen, auch wenn er auf die Veranstaltungen des MIKROKOSMOS absolut nicht zutrifft.

Der Fernsehabend

 

Wenn Fußball und eine Opernaufführung die beiden Alternativen des Fernsehabends bilden, kommt es im häuslichen Umfeld leicht zu Kontroversen. Diesem Thema stellten sich Brigitte Rosanowisch-Galinski als Opernfreundin und Klaus Klee als Fußballnarr. Obwohl er als Fußballnarr seinen Standpunkt vehement verteidigte, musste er sich doch den verführerischen Argumenten der Gattin geschlagen geben. Zusehends schwand sein Widerstand und die Vision, dass sich im Laufe des Abends seine Frau in Carmen verwandeln könnte, sie sich zu "erem verrickte Carmenche" entwickeln würde und er ihr feuriger Torero sein könne, war die Sache entschieden. Ein offenes Fenster sollte aber auf alle Fälle den Kontakt zum lauten Fernsehgerät des Nachbarn halten - wegen des Fußballspiels. Beim Torero-Lied, der bekannten  Opernpassage "auf in den Kampf..." ging das Licht aus und ließ die Zuschauer mit ihrer Phantasie zurück. 

 

Das Wutcamp

 

Einige Fernsehsender biedern sich in speziellen Programmen unteren Schichten ihrer Konsumenten an und die bunte Presse spielt bereitwillig mit. Dabei werden sogar mit dem Blick auf spezielle Zuschauergruppen soziale Projekte benutzt, wie man in den BOOTCAMP-Sendungen sehen kann. Daraus wurde ein WUTCAMP, in dem normale junge Menschen dazu erzogen werden, in der Welt der Primitiven zu bestehen. Silvia Koffler als ruppige Umerzieherin brachte den "Weicheiern" (Pia Jost und Frank Walzer) neue Manieren bei, wobei sie von "Menowin" (Stefan Lohr) unterstützt wurde. Die Heftigkeit des Stückes mag einige Zuschauer erschreckt haben, die sich die extrem flachen Sendungen dieses Genres nicht ansehen. 

Mülltrennung

 

Was sich an der Biotonne abspielt, wenn eine überzeugte Mülltrennerin (Katja Welsch) auf einen "Sausack" (Stefan Lohr) trifft, konnte man eindrucksvoll erleben. Da führt schon mal ein nicht entfernter Aufkleber auf einer Chiquita-Banane zu einem heftigen Wortwechsel, bei dem generell dem Müllsünder die Argumente ausgehen. Kommt auch noch ein mit Seife verschmiertes Taschentuch in die Biotonne, dann ist das Maß voll. Hier erfuhren die Zuschauer äußerst überspitzt, wie der Müll vorbehandelt werden sollte und in welche der Tonnen er gehört. 

 

Die Komik der Situation, in der die beiden Akteure zu großer Form aufliefen, war nicht mehr zu überbieten.  Absolut überraschend flog zum Schluss der Deckel der braunen Tonne auf und Nina Stein schnellte aus der Tonne hoch, um die Pause anzukündigen.


Die Fensterstücke


    

Zwischen den einzelnen Sketchen entstanden kleine Umbaupausen, die mit Zwischensketchen überbrückt wurden. Dabei lieferten sich Angela Cercas und Nachbarin Schnallerbeck (Gisela Jeske) Wortgefechte mit kleinen Nadelstichen. Beharrlich  versuchte sie alle Bemühungen der Nachbarin zur  Vermietung ihrer Wohnung zu vereiteln. Mit übertriebener Neugier ermittelte  sie die Berufe der Interessenten, wobei sie anschließend ihre geballten Vorurteile loswerden musste. Generell endete ihr Part mit dem Spruch: "Des muss mer sich net oodue!

 

Der elfte Sketch brachte die Lösung des Problems, denn Frau Schnallerbeck wird demnächst selbst einziehen. Darauf dürften sich treuen MIKROKOSMOS-Fans heute schon freuen.

 

Wenn es mal nicht um die Vermietung der Nachbarwohnung ging, so dominierten andere Themen, wie zum Beispiel die Situation der Hundehaltung. Schon zu Beginn des Programms bestanden die Besucher einen wichtigen Test zur Ermittlung des Anteiles des anwesenden Stammpublikums. Die Einheimische bat das Publikum, nach ihrem Hund zu rufen. Die kundigen Anwesenden riefen nahezu geschlossen "Atttiiiilllaaa!" Damit war die Quote ermittelt. 

 

Nebenbei wurden sie aufgeklärt, dass Attila nun eine "Kackduttebox" auf dem Buckel habe, aus der die Hochstädter Bürger einen Beutel entnehmen könnten, um die Hinterlassenschaft Attilas zu entsorgen. Dafür bekämen sie von der Stadt einen "Kackel-Dackel" zur Belohnung. 

 

Die Fensterstücke bereiten dem Ensemble so viel Spaß, dass in diesem Jahr außer den beiden Hauptdarstellrinnen auch Katja Welsch (als Postbotin), Pia Jost (als Sozialarbeiterin), Brigitte Galinski-Rosanowitsch (als Finanzbeamtin), Johannes Matthias (als Unterhosen-Model), Helmut Roog (als Suchtberater) und Klaus Klee (als Freund alter Bausubstanzen) zum Zug kamen. Mit dieser Art der Programmüberbrückung kam erstmals eine kleine Fortsetzungsgeschichte zum Einsatz, die sehr gut beim Publikum ankam. Gerade aufgekratzte Dispute zwischen Nachbarn stellen eine besondere Art des Zusammenlebens dar. Eine Milieustudie der besonderen Art!

 


Nun zur zweiten Hälfte des Programms:


Der Chinese

 

Bereits während der letzten Pausengongs nahmen auf der Bühne Isa, Nina Stein und Silvia Koffler  Platz und studierten die großen Tageszeitungen. Als die Besucher wieder vollzählig im Saal erschienen waren, entspann sich anhand der Schlagzeilen der unterschiedlichen Presseorgane ein Dialog um die Chinesen, wobei jede Menge Allgemeinplätze ausgetauscht wurden. Dabei bestätigte sich fortgesetzt das vorherrschende Bild der Urteile und Vorurteile gegenüber den Chinesen. 

 

Das Gespräch endete abrupt, als der chinesische Ober (Johannes Matthias) erschien und die Damen fragte, ob sie wie immer Ente süß-sauer essen wollen, was mit einem entlarvenden stereotypischen "Na, was denn sonst!" quittiert wurde.

Die Bürger-Hotline

 

Die liebenswert-provinzielle Geschäftigkeit innerhalb der Maintaler Stadtverwaltung nahmen die MIKROKOSMONAUTEN anschließend aufs Korn. Eine Brigitte Wasserbach-Hohenfels (Gisela Jeske) von der Bürgerhotline des Rathauses versah ihren Telefondienst mit Hingabe und beantwortete einige Fragen von Anrufern. Auf die Fragen fand sie selbst zunächst keine Antworten. Zur Klärung  bediente sie sich per Rückruf ihrer Kollegin "Marga", die ihr als Informantin zur Seite stand. Im Außenverhältnis gab Frau Wasserbach-Hohenfels stets zu verstehen, dass sie gerade im "Kompetenz-Zentrum" zurückgefragt habe, das in Wirklichkeit einzig aus besagter "Marga" bestand. Die Wirkung bleib beim Publikum nicht aus. 

 

Gisela Jeske lief in ihrer Rolle zu ganz großer Form auf und das Publikum amüsierte sich köstlich. Einmal mehr bewies sie ihr außerordentliches Talent.

Wahlkampf

 

Die Kommunalwahl 2011 durfte im Programm nicht fehlen. Da einige Parteien derzeit etwas schwächeln und man um parteilose Kandidaten buhlt, erschienen prompt die zwei parteilosen Kandidaten Beate Meier (Katja Welsch) und Rainer Sommer (Frank Walzer) auf der Bühne. Beide hatten sich Plakate umgehängt, auf denen ihre Werbesprüche standen. Sie ließen keinen Zweifel daran, dass sie die Parlamentsarbeit mit Anstand und Abstimmungen mit persönlicher Meinungsfreiheit ausüben wollen. In den Parteien, für die sie antreten, wollen sie gewaltige Veränderungen bewirken. Schnell wurde jedoch klar, wie erfolgreich sie damit sein würden. Es zählte einzig ihr Idealismus. 

Mit einigen Beispielen geißelten sie  gewaltig und mit feiner Klinge die bisherigen Praktiken der Fraktionen. Den anwesenden Politikern werden die Ohren geklingelt haben.

i-Phone

 

Viele Zeitgenossen können inzwischen ohne ihr i-Phone und ohne ihre "Apps" nicht mehr leben. Dieses Sucht-Thema verarbeiteten Nina Stein und Pia Jost auf unnachahmliche Art und erfanden eine ganze Reihe von Apps. So war die Rede vom Bronchitis-App, dem Calimero-App, dem Lover-App, Ehegatten-App, Kühlschrank-App, Zeitungs-App, Zwergpinscher-App, Trimmdich-App, Super Nanny-App und anderen Anwendungen. 

 

Viele zwischenmenschliche Beziehungen leiden unter diesem "Fortschritt". Nur abschalten!? - Abschalten - das ging nicht. Auch hier lebte die Persiflage vom Spielwitz der Akteurinnen und das Publikum kam dabei voll auf seine Kosten.

 

Die neue Einbauküche

 

Bürgermeister Erhard Rohrbach war das Opfer eines Liedes, das von Frank Walzer vorgetragen und von Johannes Matthias an der Gitarre begleitet wurde. Dabei ging es um die neue Einbauküche des Bürgermeisters, die über den ganzen Sommer hinweg ein einsames Dasein fristete, weil der Bürgermeister ständig auf den Maintaler Festen zu finden war, wo er sich ausgiebig verköstigte. So blieb der Kühlschrank leer und der Herd kalt. 

 

Mit viel Witz wurden die umfangreichen  Repräsentationspflichten des Bürgermeisters auf die Schippe genommen und das Lied endete mit dem Rat, dass die vielen Fassanstiche auch von "Ferdi", dem treuen Herold des Bürgermeisters, allein bewältigt werden könnten.

Prozentrechnen

 

Zwei Damen (Pia Jost und Katja Welsch) verweilten bei ihrer Kosmetikerin (Isa) und es entspann sich ein Dialog über das Prozentrechnen. Zielscheibe war der niedrige prozentuale Stimmenanteil der Parteien, gemessen an der Gesamtzahl der Wahlberechtigten. Dabei wurde schnell klar, dass die kleinen Parteien kaum die 3%-Marke erreichen und die großen Parteien nicht über die 15%-Marke kommen, wenn man von der Gesamtzahl der Wahlberechtigten ausgeht. Dabei wollen sie aber 100% ihrer Ziele verwirklichen und einen 100 %-igen Erfolg. 

Mit einem Seitenhieb auf die spezielle und nicht immer uneigennützige Motivationen mancher Kandidaten hinterließen sie im Publikum so manch nachdenklichen Besucher. 

Literatur auf Du und Du

 

Kennen Sie eigentlich den Schriftsteller Sergej Króchovic? Nein? Dann haben Sie etwas versäumt. Die Moderatorin der Sendung "Literatur auf Du und Du" (Silvia Koffler) sprach mit der Gattin von Sergej Króchovic (Gisela Jeske) über den Künstler. Es entspann sich ein Disput, der immer wieder von der Gattin des Schriftstellers unterbrochen wurde, weil entweder die Aussprache der vielen russisch klingenden Namen nicht richtig oder die Begebenheiten falsch zitiert waren. 

Es gelang ein Blick in die russische Seele und eine gekonnte Persiflage auf Literatur-Sendungen, in denen sich sehr oft engagierte Langweiler endlos auslassen. Das Stück mit seiner erfundenen Handlung hatte einen ähnlichen  Informationsgehalt, wie diese Sendungen, jedoch einen deutlich höheren Unterhaltungswert. Auch hier blieb im Publikum kein Auge trocken.

Die Traumwahl

 

Wenn Männer in ihrer Currywurst herumstochern und sich am Bier festhalten, wird so mancher belangloser Wortwechsel zum hochpolitischen Gespräch. Genau dies lieferten sich Frank Walzer und Klaus Klee an der Imbissbude. Ausgangsbasis war ein Traum, bei dem einer der Akteure "batschnass geschwitzt war", weil es die FDP nicht ins Parlament schaffte, die Grünen erst gar nicht antraten und die CDU wegen eines Formfehler nicht zur Wahl zugelassen wurde. Im Disput wurden anschließend die Auswirkungen auf SPD, WAM und die REPs erörtert. 

 

Der Sketch war kurz und trocken, traf aber gewaltig den Kern. Mindestens an zwei Abenden saßen einige recht nachdenkliche Kommunalpolitiker im Saal und waren recht froh, einen solchen Albtraum nicht erleben zu müssen. 

Der Sanitäter

 

Frauenfußball ist eine sportliche Sache, bei der es sinnvoll ist, dass Sanitäter anwesend sind. Ein solcher Sanitäter (Stefan Lohr) war auf den Hochstädter Sportplatz abkommandiert, wo er auf den Fußballfan Helmut Roog stieß. Ihm erzählte er, wie er zum Damenfußball gekommen sei und was er bisher so alles erlebte. Das Schlüsselerlebnis war wohl ein Einsatz am Kinzigsee, bei dem man nach dem Kentern eines Surfers zur Rettung schritt. Währen der erforderlichen  Mund-zu-Mund-Beatmung sei der Mundgeruch des geborgenen Opfers aufgefallen, das allerdings seltsamerweise Schlittschuhe trug...!? 

 

Die Besucher nahmen es mit Humor und zeigten Verständnis für die jetzige Vorsicht des Sanitäters bei ähnlichen Rettungsaktionen. Dieser feuerte zum Schluss noch einmal die Fußballerinnen mit dem Spruch an: 

"Sieg oder Blut an de Schuh´! - Mer sin doch hier net beim Damefußball!"

Patenschaft für ein Leitbild

 

Zu vorgerückter Stunde wurde es noch einmal kommunalpolitisch. Die Gruppe "Junge Papis für Maintal" des Stadtleitbild- Prozesses tagte und wurde von einem nervös agierenden "Paten" (Klaus Klee) moderiert. Ihm zur Seite stand Frau Kranich (Isa) von der Stadt, die sofort lenkend eingriff, wenn sich das Geschehen vom gewünschten Ergebnis weg bewegte. Die ökologisch-sozial Angehauchte (Silvia Koffler) und der urwüchsige Einheimische (Helmut Roog) machten es dem Moderator nicht leicht. Der Sketch nahm die Art einiger Teilnehmer am Stadtleitbildprozess auf die Schippe, wie man sie fast in jeder Gruppe findet. Die übliche Überwachung solcher Prozesse durch gesetzte  Amtspersonen wurde ebenfalls recht authentisch persifliert. Mit einem Augenzwinkern wurde vermittelt, wie ernst man derartige  Prozesse nehmen muss, wenn die Finanzen den Spielraum bilden.

Schlusslied "Junge Papis"

 

Direkt an das vorherige Thema schloss sich das Schlusslied der Akteure an und sie erschienen mit zahlreichen Babys auf der Bühne (natürlich Puppen). Sie stimmten a cappella den Song "Jump" an, wobei Isa zu großer Form auflief. Das Programm endete damit typisch nach Art der Hochstädter Kabarettgruppe MIKROKOSMOS.

 

Das Motto lautete:

 

"Da geht´s de Mensche wie de Leut!"


"Papi freut sich, wenn es dem Baby gut geht!", so hört man zufriedene Väter und Mütter oft sagen und dann kommt bei Papi so etwas wie Stolz auf. Bei der Gruppe MIKROKOSMOS ist das nicht anders. Das Kabarett ist dabei das Baby, dem es gut geht. Das konnten die Vereinsmitglieder und die zahlreich erschienen Besucher mühelos feststellen und es erfüllt die Gründer mit Stolz. Das Tollste an der Sache ist, dass Karneval und Kabarett im HMV losgelöst und konkurrenzlos nebeneinander betrieben werden und sich obendrein gegenseitig befruchten. Das hätte vor einigen Jahren noch niemand gedacht, weil es erst mit der heutigen Mannschaft möglich ist.

 

Das Kabarett MIKROKOSMOS ist inzwischen die vor Jahren bereits angedachte Talentschmiede der Hochstädter Humoristen und man muss schon einige Fähigkeiten mitbringen, um ins Team zu passen. Nur so ist es möglich, dass eine Gruppe, die aus den unterschiedlichsten Temperamenten besteht, auf den Punkt genau persönliche Spitzenleistungen abrufen und oft nur im Minutenabstand in verschiedenste Rollen schlüpfen kann. Auch ist es ungewöhnlich, dass dem Team kein stringenter Leiter vorsteht, sondern die Teamleistung von einem von allen Akteuren anerkannten Teammitglied kompetent aber sanft geformt und gelenkt wird. 

 

Das Ergebnis ist das Kabarett  MIKROKOSMOS - eine außergewöhnliche Erfolgsgeschichte.


 

Maintal TAGESANZEIGER vom 1.11.2010