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Impressum

 

Sonderseite Hochwasser 2003 in Frankfurt-Fechenheim

    Zum Bericht "Geldübergabe"

Liste der Spender

Hand in Hand für Karnevalisten in Sachsen-Anhalt...

...das Benefiz-Team der 6 Karnevalsvereine Maintals

 

und ein Teil der auftretenden Künstler und Gruppen:

 

Zum Veranstaltungsbericht

Mit Kabarettist Rainer Bange, Isa, Peter Wijnvoord, Alexander Wolf, die Linsebube, Rolf Eisenhauer, Klaus Hahn, die Hip-hop-Formation der Tanzschule Berne, die Schoppesänger, die Hochstädter Majorettes, die Roadrunners, Zauberer "Macabros" Manfred Büsching, die portugiesische Folkloregruppe Maintal, Charly Nix & Band sowie ein Aktionskünstler der Frankfurter Polizei

  

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In Anbetracht der katastrophalen Hochwasserschäden und der großen Notlage, in der sich viele Menschen in den Hochwassergebieten an der Elbe und seinen Nebenflüssen befindet, haben sich die 6 karnevaltreibenden Vereine Maintals spontan zu einer Hilfsaktion entschlossen.

 

Da die Not in der Karnevalshochburg Dessau besonders groß ist, haben wir Kontakt zum Waldeser Karnevalsverein aufgenommen, um parallel zu staatlichen und kommunalen Hilfen sowie den Aktionen der  großen Hilfsorganisationen eine schwerstbetroffene Familie direkt mit Spendengeldern zu unterstützen. Aktuelle Bilder aus dem Hochwassergebiet Dessau finden Sie auf der Website der Stadt Dessau.

Unter dem Motto: "Karnevalisten helfen Karnevalisten" findet am 13. September im Bürgerhaus Bischofsheim um 20 Uhr ein Benefiz-Abend mit verschiedenen Gruppen und Künstlern statt, die ein weites Spektrum von Gesang, instrumentaler Musik, Tanz, Akrobatik bis hin zu Entertainment und Kabarett abdeckt. Der Reinerlös aus den Eintrittskarten, der Bewirtung während des Abends, und ein Teil des Erlöses der die PR-Kampagne begleitende Anzeigenwerbung geht in voller Höhe an die Hochwasseropfer.

Eine weitere Aktion aller 6 Karnevaltreibenden Vereine ist die Erschließung von mindestens 100 Spendern die mindestens 100 Euro spenden.

 

Hierfür steht die Spendenkonten

 

                            AG Karnevalisten Maintal

Konto:                  76 24 24 0 

BLZ:                     500 400 00

der                       Commerzbank AG Maintal

mit dem Vermerk: Fluthilfe Dessau

 

oder das Interimskonto

 

                            HMV Hochstadt 

Konto:                  10 641 4605 

BLZ:                     506 616 39

der                       Raiffeisenbank Langenselbold

mit dem Vermerk: Hochwasserhilfe Dessau-Waldersee

 

zur Verfügung.

 

Beide Konten dienen dem gleichen Zweck

Chronologie der Hochwasserkatastrophe von Dessau-Waldersee

Auszüge aus der Mitteldeutschen Zeitung

Vorwort

Die Hochwasserkatastrophe an der Elbe hat unsere Nation mehr zusammengeschweißt, als alle sonstigen Bemühungen nach der Vereinigung vermochten. Nie war die Hilfsbereitschaft so groß, wie in diesen Tagen. Erstaunt blicken wir an die Elbe und können es nicht fassen, welche Kräfte in den Menschen frei wurden. In einem Kommentar bringt es Henrik Klemm, Chef der Lokalredaktion der Mitteldeutschen Zeitung, am 19. August auf den Punkt:
"Es macht stolz und beruhigt zugleich, in einer Stadt zu leben, die, wenn die Not immer größer wird, fest zusammensteht. Dass dabei Jugendliche zu den unermüdlichsten Helfern gehören, macht Mut für die Zukunft und straft alle Lügen, die allzu rasch von der Null-Bock-Generation gesprochen haben. Auch ist der Egoismus in der vielzitierten Ellenbogengesellschaft wohl doch nicht so groß, wie oftmals dargestellt. Wie könnte es sonst sein, dass die Hilfskräfte aus Norddeutschland, die Feuerwehrleute aus Bayern und die vielen anderen Helfer aus ganz Deutschland gemeinsam die Dessauer Deiche zu retten versuchen?"
Wir sollten nun, nachdem vielen der Betroffenen angesichts der unglaublichen Schäden die Kräfte zunehmend schwinden, neuen Mut geben und kräftig unter die Arme greifen.

Eine Katastrophe kann furchtbar langsam kommen und noch langsamer gehen. Das zeigt die Chronologie der Ereignisse.

Bilder bis zum 25.August

13. 08.2002 Waldersee bereitet sich auf eine Evakuierung vor, Einzelne wollen bleiben.
14. 08.2002 Dessauer Vorort Waldersee plagt die Ungewissheit vor der Flut
15. 08.2002 Waldersee bekommt Probleme
16. 08.2002 Ernste Lage an den Deichen
18. 08.2002 In Waldersee bricht der Schwedenwall, Verteidigungslinie gibt in der Nacht nach, Wasser nimmt Waldersee
19. 08.2002 Einzelne harren in Waldersee weiter aus, THW und andere Hilfsdienste holen Menschen auf das Trockene
20. 08.2002 Mit Holzlatten gegen das Öl, Ludwigshafener Feuerwehr hilft Waldersee
21. 08.2002 Freiwillige Feuerwehr kämpft um ihren Heimatort, Kameraden fehlte Zeit zum Räumen
23. 08.2002 Bundeswehr beugt vor, Impfung gegen Hepatitis A, Hilfsaktionen mit viel Herz, Schwarzes Rohr als Dichtung für den Wall, Einmalige technische Lösung schnell entwickelt und umgesetzt, Gemeinschaft hilft in dieser schweren Zeit, Familie Böckelmann aus Dessau-Waldersee fand Unterschlupf bei guten Freunden im Nachbarort
24. 08.2002 Deich offen in Waldersee, Wasser geht zurück, Schulunterricht frühestens ab kommendem Mittwoch, Großteil der Tagesstätten der Stadt öffnet ab Montag, ein Offener Brief an die Landesregierung zum Abzug der Bayern vom Hochwassereinsatz in Dessau,
26. 08.2002 Es ist bitter für Waldersee, Ort noch Sperrgebiet, Papierberg hilft nicht,

Spezialisten in Sachen Umwelt

27. 08.2002

Von Jeßnitz nach Waldersee, Öl-Wehr mit großem Pool Kameraden aus Bayern helfen Feuerwehr, 1.500 betroffene Gartenfreunde

28. 08.2002 Öl-Sammel-Idee zwischen Improvisation und Patent Feuerwehrleute bleiben auch nach Trockenlegung der Straßen vor Ort, müde helle Köpfe, Einwohnerversammlung, zu Fuß nach Waldersee, Verhaltensregeln ans Herz gelegt, Technik im Einsatz, um im Ort die ersten schweren Schäden zu beseitigen,
29. 08.2002

VOR DER FLUT, Ministerium kennt Schwachstellen, Walderseer mahnen seit Jahren: "Das kommt alles zu uns!", Verwaltung soll vor Ort arbeiten, 15.000 Euro aus Rastatt Hilfe für Kindergarten 

30. 08.2002

Vorbereitungsarbeiten, Neuer Anlaufpunkt wird eingerichtet , Stützpunkt soll von 7 bis 21 Uhr geöffnet sein, Hilfe für geschädigte Unternehmen, Endgültiges Ende verhindern Sofortprogramm hilft schnell, Individuelle Zukunftslösung am Runden Tisch der IHK

31. 08.2002

Waldersee Großer Andrang im neuen Büro, Anlaufpunkt für Hochwasser-Opfer öffnet,

02.09.2002

Das Hochwasser und die Folgen "Da ist ein Stück Leben zerbrochen", Dank- und Fürbitt-Gottesdienst in Mildensee, Kollekte für Waldersee erbringt 3.250 Euro

04.09.2002

Entsorgungsprobleme Arbeit erfolgt jetzt in zwei Schichten

Mit Sperrmüllbergen wächst Anwohnerärger

05.09.2002 Kirche will Bänke retten, Schaden derzeit auf rund 350.000 Euro geschätzt, Finanzamt im Walderseer Bürgerbüro, Lohnsteuerermäßigung für Arbeitnehmer - Hotline weiterhin geschaltet -
Beratung jederzeit, Neubeginn, Geschäft zieht in einen Bauwagen, Dieter Becker spricht von wirtschaftlichem Totalschaden und tödlichem Hochwasser für Waldersee
06.09.2002 Scheckübergabe 6.09.2002, Kurort Waldsee hilft Waldersee, 41.000 Euro für Feuerwehr und Heimatverein
10.09.2002 Kameraden nach der Flut, Förderverein unterstützt Feuerwehr, Kein "blinder Aktionismus"
13.09.2002 Maintaler Karnevalsvereine richten eine Benefiz-Veranstaltung aus

Dienstag, 13. August
Waldersee bereitet sich auf eine Evakuierung vor, Einzelne wollen bleiben.


Über Waldersee lag am frühen Abend eine diffuse Spannung und Unruhe. Gegen 19 Uhr ahnten viele Bewohner höchstens, was auf sie zukommt, über genaue Informationen dagegen verfügten sie nicht. Lediglich der Milchhof Waldersee schien alarmiert, denn dort hatte man begonnne die 650 Rinder aus den Ställen zu holen. Die Beschaffung von Viehtransportern lief auf vollen Touren. Gegen 19:30 Uhr verkündete ein Lautsprecher der Polizei: "Der Oberbürgermeister der Stadt Dessau hat heute um 17 Uhr den Katastrophenfall ausgerufen... ." Gleichzeitig versuchten die Beamten, den Bürgern die Situation zu erklären.
Währenddessen begann man, kritische Deichbereiche in Waldersee zu verstärken. Mit dabei auch Schüler in Ostfriesenjacken, die ins Luisium zum Helfen gekommen waren.
Die Reaktionen der Bewohner auf die Nachricht waren unterschiedlich. Während hier Kellerfenster abgesichtet wurden, beharrten andere darauf, zu bleiben. An anderer Stelle kam es zum Familienkrach auf offener Straße. "Bleiben oder gehen?"
Viele zogen die Flucht vor dem Wasser vor. Nur das Notwendigste in die Autos eingeladen, machten sie sich auf den Weg, wodurch gegen 21 Uhr die ortsauswärts führenden Straßen total verstopft waren. Mittendrin die Einsatzfahrzeuge von Polizei, Hilfskräften und THW. Dennoch herrschte Besonnenheit vor. Die mangelnde Information in den ersten Stunden sorgte für Irritationen. Am Rathaus, das als Sammelpunkt angegeben war, suchte man zunächst vergebens einen informierten Ansprechpartner. Als der erste Bus eintraf, hatte der Fahrer lediglich die Information, dass er mit den zu evakuierenden Personen ins Stadtzentrum fahren soll. Eine Meldung allerdings schien sehr konkret: "Die Hochwasserwelle wird uns um 5 Uhr morgens erreichen".

Mittwoch, 14. August
Dessauer Vorort Waldersee plagt die Ungewissheit vor der Flut


Im Fernsehen werden Bilder von Jeßritz, einem Ort im Landkreis Bitterfeld gezeigt. In Waldersee scheint unverdrossen die Sonne, die Straßen sind leer und trocken, die Gemüter unter den Bewohnern sind aufgewühlt. Mit den Lautsprechern erreichte Waldersee am frühen Dienstagabend endgültige Gewissheit. Die Flutwelle kommt!
Irgendwann in der Nacht soll sie kommen, hieß es. Die angaben der Polizei waren viel zu vage, um die Altein-gesessenen aus ihrem Ort zu vertreiben. Es soll schlimmer kommen als 1954.
Einige vertreibt die Ungewissheit zu später Stunde aus ihren Häusern. Andere flachsen: "Wenn es eng wird, ziehen wir eine Etage höher" und hoffen, dass es nicht so weit kommt.
Die Dunkelheit versteht es immer besser, die Lage auf gespenstische Weise zu dramatisieren. Es ist erdrückend, wenn man nichts mehr sieht. Es ist, als verliere man den Überblick. Hinzu kommt die Stille eines scheinbar verlassenen Ortes, obwohl hinter etlichen Fenstern noch Licht zu sehen ist. Die Nacht zum Mittwoch bleibt ruhig in Waldersee, doch geschlafen haben die wenigsten. Immer wieder klingeln Telefone und Beobachter vor Ort berichten den Daheimgebliebenen über die Hochwasserlage. Früh morgens gehen viele Walderseer auf die Arbeit in die Stadt, um knapp eine Stunde später wieder zuhause zu sein. Die Ungewissheit zehrt an den Nerven. Die Keller sind vielfach leergeräumt, "da, wo es Sinn macht". Bügelmaschinen, Tiefkühltruhen etc. werden nach oben geschafft.
Die Bilder im Fernsehen werden beängstigend und nichts mag von der drohenden Gefahr ablenken. Dennoch hält sich die Hoffnung auf weniger Wasser wacker.

Donnerstag, 15. August
Freitag, 16. August
Waldersee bekommt Probleme, ernste Lage an den Deichen


Autos haben keine Chance mehr. Viel zu schmal ist der Deich. Dennoch müssen die vielen Sandsäcke nach vorne. So hat man sich in Waldersee vielfach auf das besonnen, was einer die "vietnamesische Methode" nennt. Die Sandsäcke werden auf Fahrrädern transportiert. Obwohl zahllose Menschen anpacken, so sind es doch angesichts der endlos langen Deiche viel zu wenig.
Inzwischen verschärfte sich die Lage. Der Deich am Luisium ist bedroht, auch der sogenannte Schwedenwall. Am Morgen rät die leitzentrale Hilfswilligen, sich in Waldersee zu melden. Die Arbeiten vor Ort gestalten sich äußerst schwierig. Es fehlt auf den Deichen an Fachleuten, die den Einsatz der Menschen koordinieren können. So kommt es zu Leerläufen, zu Frust und gelegentlich zu Doppelarbeit.
Jürgen von der Heydt, Unternehmer und Stadtratsvorsteher, ist restlos bedient: "Was wir hier erleben, gibt Material für fünf Büttenreden." Von der Heydt ist Präsident des Waldeser Carnevals-vereines. Die Nachrichten entlang der Deiche überschlagen sich. Ein Kran ist im Morast eingesunken und gegen den Deich gekippt. Der Deich drohe zu brechen und die Bundeswehr habe ihre Kräfte bereits etwas zurückgezogen. Die Experten entscheiden, dass der Kran liegen bleibt. Derweil dichten Bundeswehrtaucher den Damm an der Stelle wieder ab.
Es nervt, sagen die einen. Wie im Krieg, klagen die anderen. Manche nehmen schon gar nicht mehr das fast ununterbrochen ertönende Sondersignal der Rettungskräfte und des THWs wahr. Freie Fahrt allen Lastern und Kleintransportern mit Sand, denn die Deich-Sanduhr tickt.

 

Sonntag, 18. August 2002
In Waldersee bricht der Schwedenwall, Verteidigungslinie gibt in der Nacht nach, Wasser nimmt Waldersee


Kurz nach 11 Uhr war der Schwedenwall aufgerissen. Minuten später traten bereits die am Deich arbeitenden Hilfskräfte den Rückzug an. Anfänglich war die Lücke zehn bis fünfzehn Meter breit, aus der ein breiter Strom sich auf ein benachbartes Feld ergoss.
Wenig später war ein erstes Polizeifahrzeug mit plärrender Lautsprecherdurchsage unterwegs, das die Bevölkerung zum Verlassen des Ortes aufforderte. Mehrfach hatten sie diese Aufforderung in den letzten Tagen gehört und es waren stets Fehlalarme.
Obwohl viele Walderseer ihre Häuser bereits Tage zuvor ihre Häuser verlassen hatten, sind viele geblieben und wollten auch jetzt noch bleiben. Die Angst vor Plünderungen hielt sie und man hörte immer wieder: "Ich gehe nicht von der Scholle!" So blieb in vielen Fällen die Lautsprecherdurchsage der Polizei ohne Wirkung.
Das Wasser kam zunächst eher behäbig und die Zeit schien ausreichend, eine weitere Verteidigungslinie am Ortsrand aufzubauen. Hierzu hätte es aber Sandsackabwürfen per Hubschrauber bedurft. Der Krisenstab entschied jedoch, dass der Deich irreparabel beschädigt sei und aufgegeben werde. Ungehindert konnte nun die braune Brühe von Elbe und Mulde in Naundorf, den östlichen Teil Waldersees einrücken. Die seit Tagen kämpfenden Hilfskräfte mussten erkennen, dass alle Mühe vergebens war.
In Jonitz, der anderen Hälfte von Waldersee kämpfte man derweil am Luisium an der noch standhaltenden Verteidigungslinie die mit Bergen von Steinen, mit Folien und mit Sandsäcken abgedichtet wurde. Im Verlauf des übrigen Deiches hatte man auf diesen Aufwand verzichtet und nur mit Sandsäcken abgedichtet. Doch in der Rehsener Straße erwies sich der Damm recht bald als zu schwach und die Fluten waren nicht zu bändigen. Eine schwache Hoffnung kam noch einmal auf, als gegen 19:30 Uhr schwere Lastwagen Steine brachten, die dem Wasserdruck standhalten sollten - vergebens!
Am Abend des 18. August stand es für Ortsbürgermeister Lothar Ehm fest: "Der Ort ist aufgegeben!" Gerade war er mit seinem Unimog aus der Horstdorfer Straße gekommen, mit dem Menschen aus den Fluten gerettet werden sollten.
Den ganzen Tag hatten Helfer versucht, eine massive Verteidigungslinie gegen die anströmenden Fluten aufzubauen. Gegen 22:50 Uhr brach sie und der Ort wurde vollständig geräumt.

 

Montag, 19. August 2002
Einzelne harren in Waldersee weiter aus, THW und andere Hilfsdienste holen Menschen auf das Trockene


Rainer Moritz hatte soweit geräumt, dass das Wasser - wenn es denn käme - einen Meter hoch steigen könnte, ohne an den beweglichen Dingen großen Schaden anzurichten. Das Wasser kam und es blieb nicht bei einem Meter. Bald waren es anderthalb Meter und mehr. Moritz hatte am Gartenzaun eine ein Geschirrtuch als Fahne aufgestellt, damit man ihn rettet. Er reichte einen Koffer ins THW-Boot mit den Worten: "Alles ist hin!"
Waldersee ist am Tag nach dem Dammbruch fast komplett überflutet bis auf den Wall und die Hauptzufahrt von der B 185. Ungefähr zwölf Stunden, nachdem der Schwedenwall gebrochen war, hatte auch der Norddeich aufgegeben - Waldersee war endgültig verloren.
Bernd Meier lotst das THW-Boot durch Waldersee, dessen verwinkelte Straßenzüge nur Bewohnern des Vorortes wie Meier bekannt sind. Immer wieder ruft der Feuerwehrmann Namen gegen Hausfassaden, Namen von Menschen, die er in den Häusern vermutet oder weiß. Nicht selten bleibt der Ruf unerwidert, manchmal hallt nur ein knappes: "Wir bleiben!" zurück, andere beteuern, dass alles in Ordnung sei. Meier versucht nicht zu argumentieren, zu überzeugen. Weiter, winkt er.
Das Wasser in den Straßen ist braun und stinkt vor allem nach Öl. Gabriele Kegler vom Umweltamt ist mit den THW-Leuten unterwegs, Gefahrenquellen aufzuspüren. Auf dem Gelände einer Schlosserei wird nach drei Fässern gefahndet aber es wird nur eines gefunden. Mit drei Männern an Bord nähert sich ein kleines Schlauchboot, geht längsseits und übergibt ein gerettetes Huhn, das für die Dauer der Fahrt in der Bordkiste verschwindet.
Waldersee am Tag danach ist ein Ort, der von unterschiedlichsten Emotionen beherrscht ist: Trotzige Sturheit, Verzweiflung, dann wieder Gelassenheit und anderenorts der kleine Heldenmut, wenn ein Mann - das Wasser bis am Hals - einen Styroporblock vor sich her schiebt, auf dem eine durchnässte und verängstigte Katze sitzt.
In der Rehsener Straße sind noch Reste des Norddeiches auszumachen. Lange Fahnen der blauen Folie zum abdichten bewegen sich im Wasser. Hin und wieder zeigt sich ein farbiger Klecks i Wasser, der sich bei näherer Betrachtung als untergegangener PKW erweist.

Dienstag, 20. August
Mit Holzlatten gegen das Öl, Ludwigshafener Feuerwehr hilft Waldersee


Als hätte sich das Hochwasser noch einen höhnischen Spaß erlaubt - die Gaststätte, in der die Walderseer Leitzentrale untergebracht ist, heißt "Poseidon", wie der griechische Meeresgott. Doch das griechische Lokal liegt strategisch günstig am Ortseingang uns ist - bis auf den Keller - trocken.
Hier ist auch der Anlaufpunkt der Ludwigshafener Berufsfeuerwehr, die sich vornehmlich um ausgelaufenes Öl kümmern. Vor dieser Aufgabe rangiert aber die Aufgabe, Bürger, die ihr Haus fluchtartig verlassen haben, zu begleiten, um zurück gelassene Haustiere zu versorgen oder abzuholen. Zehn Boote wurden angefordert, aber die sind noch unterwegs. Es wird dringend ein weiteres Notstromaggregat benötigt, weil das mitgebrachte Gerät die Leitstelle versorgt und die vielen Handys für die Einsatzkräfte laden muss. Die Feuerwehrleute waten durch das brusthohe Wasser und schieben mit Holzlatten Ölteppiche zusammen. Der dafür vorgesehenen Pumpe fehlt der Strom. Der Gestank des Heizöles macht die Männer zunehmend benommen. "Das ist ein Spiel ohne Ende...", meint ein Helfer. Während die Bundeswehr mit Schlauchbooten unterwegs ist, helfen sich andere zu Fuß oder mit Paddelbooten, um nach dem Haus zu schauen.

Mittwoch, 21. August
Freiwillige Feuerwehr kämpft um ihren Heimatort, Kameraden fehlte Zeit zum Räumen


Die Bewohner plagt zunehmend die Ungewissheit, was sich in ihren Häuser und Wohnungen abspielt. Mit findigen Erklärungen versuchen sie, ins Sperrgebiet zu kommen. Doch am Informations- und Kontrollpunkt ist für sie Schluss. Geduldig diskutieren sie mit einem Feuerwehrmann aus Ludwigshafen, der auf die komplizierte Lage und das Öl hinweist. Indes drückt er zwei Mitarbeitern des Tiefbauamtes einen Stempel auf die Hand. Ohne Probleme dürfen auch der Kirchenpräsident Helge Klarssohn, Probst Gerhard Nachtwei und Kreisoberpfarrer Joachim Disselkamp passieren, weil die Feuerwehrleute dringend Ansprechpartner benötigt. Die Feuerwehrleute sind doppelt belastet. Zum einen wegen ihrer unermüdliche Hilfe. Zum anderen, weil sie selbst vom Hochwasser betroffen sind. 25 Kameradinnen und Kameraden der Walderseer Feuerwehr sind seit Dienstag letzter Woche pausenlos im Einsatz, oft nur mit drei Stunden Schlaf am Tag. Nachdem die Feuerwehr auf Schichtdienst überging, konnten sie mit etwas mehr Schlaf rechnen. Ihre eigenen Dinge haben sie nicht ordnen können. Raik Schildhauser meint: "Wir sind seelisch fertig. Aber was hier an Helfern wahr und ist, das ist Wahnsinn!" und Uwe Schmidt: "Unsere Feuerwehr ist regelrecht mit abgesoffen. Das hatten wir uns in Eigeninitiative geschaffen."
Wie hoch das Wasser in sein eigenes Haus eingedrungen ist, kann er nicht sagen.
Als der Schwedenwall am Sonntag brach, ist allen bewusst geworden, dass die Katastrophe unausweichlich kommt. Aber da konnte kein Feuerwehrmann mehr nach Hause. Die Wehrleitung koordinierte 1000 Freiwillige auf drei Sandplätzen und an den Deichen, bis das THW mit professioneller Hilfe anrückte. Mit allen Kräften haben die vielen Unbekannten und Walderseer, das THW, die Bundeswehr und Feuerwehren versucht, den Ort zu schützen. Hierfür gilt allen unser größter Dank.

 

Donnerstag, 22. August
Informationsveranstaltung für Walder-see, erst Öl, dann Wasser...


"Ich habe genau so viel Frust wie Sie", versicherte Ortsbürgermeister Lothar Ehm den 1200 Walderseern, die dicht gedrängt in der Johanniskirche sitzen und stehen. .."Aber, den können wir jetzt nicht gebrauchen", fügt er gleich hinzu und bittet alle weiterhin um Disziplin und Ruhe.
Tatsächlich verlief die Informationsveranstaltung in dem vom Hochwasser überfluteten Stadtteil relativ ruhig. Im Gegensatz zum Tag zuvor gab es viele Informationen und die Fachleute beantworteten Fragen. Die Walderseer dankten dies den Mitarbeitern von Stadt und Feuerwehr mit Aufmerksamkeit und Beifall.
Bürgermeister Ehm trat dem Gerücht entgegen, dass Waldersee zugunsten Ziebigks geopfert worden sei.. In seinem Lagebericht betonte Hans Georg Otto: "Niemand in der Stadt bringt planmäßig Waldersee und Mildensee zugunsten der Innenstadt in Gefahr oder hat das im Vorfeld getan." Diese kleine Fläche hätte nur wenige Millimeter Entlastung gebracht. Bürgermeister Ehm betonte, dass "Alles was jetzt passiert, nur dem Ziel dient, dass wir wieder in unsere Häuser können."
Aber erst müsse das Öl weg und müsse das Wasser weg. Etwa 200 Fachkräfte seien mit der Ölbekämpfung beschäftigt, mit schwerer Technik und mit Umwelttechnik, informierte Ehm.
"Wir können Sie deshalb einfach nicht reinlassen", beschwor er geradezu die Walderseer. Allerdings wurde ihnen wieder die Möglichkeit eingeräumt, zwischen 18 und 19.30 Uhr zu ihren Häusern zu gelangen. Um wenigstens die Fenster anzuklappen, sagte Ehm. Die Walderseer müssten keine Angst wegen Plünderungen haben, warf er gleich noch ein und berichtete vom Einsatz des Bundesgrenzschutzes mit Nachtsichtgeräten.

Feitag, 23. August

Bundeswehr beugt vor, Impfung gegen Hepatitis A


Die Ärzte des Bundeswehrkrankenhauses Leipzig versorgen seit gestern Freiwillige und THW-Helfer sowie Walderseeer auch mit Hepatitis-A-Impfungen. "Wir haben insgesamt 400 Impfeinheiten auf Anregungen einiger Dessauer im Gepäck", hatte Oberstabsärztin Kartrin Kolbus vom Bundeswehrkrankenhaus Leipzig gestern auf Anfrage der MZ erklärt. Auf Anforderung stünden in Leipzig insgesamt 7 000 Impfeinheiten zur Verfügung. Nach Tetanusimpfungen am Mittwoch und Hepatites-A-Impfungen gestern u. a. beim THW an der Alten Landebahn war ein Mediziner der Bundeswehr auch in Waldersee vor Ort. Die Bundeswehr wird auch heute u. a. im THW-Stützpunkt und in Waldersee (Gaststätte) all jene kostenlos impfen, die mit dem Hochwasser im Ort in Verbindung gekommen sind.

Hilfsaktionen mit viel Herz


Sie lernen in einer vierten Klasse unweit von Kassel. Und Dessau ist ihnen eigentlich so nah nicht. Doch als die Schüler der Grundschule "Am Lindenplatz" in Fuldabrück-Bergshausen von der Flutkatastrophe in Sachsen und Sachsen-Anhalt erfuhren, da initiierten sie eine Sammelaktion für die Opfer des Hochwassers. Seit Tagen wird nun Euro auf Euro zusammengetragen. Ein Spendenpegel kündet von den Ergebnissen einer Aktion, die nicht der Aufforderung durch Erwachsene bedurfte. Gleichaltrigen wollen sie helfen, und ihre Wahl fiel auf die Grundschule "Am Luisium" in Waldersee. Bei allem Leid und mancher Frustration dieser Tage, es ist schön und gibt Hoffnung, von solchen und vielen, vielen anderen Aktionen zu erfahren. Mancher der Spender und Helfer bleibt gleichwohl im Verborgenen. Zu viele sind es, die helfen, um alle nennen zu können. Doch eines steht fest, der Dank derer, die Hilfe erfahren ist ihnen gewiss. Darum an dieser Stelle einfach nur: Dankeschön!

Schwarzes Rohr als Dichtung für den Wall

Einmalige technische Lösung schnell entwickelt und umgesetzt

Hier, gleich hinter Waldersee, beginnt die Steppe. Bleich ist hier die Erde und trocken, verkümmert sind die Pflanzen und der entgegenkommende Lkw zieht eine dichte Staubfahne hinter sich her. Von hier aus ist die Flut, wiewohl nur wenige Meter entfernt, nicht zu sehen: der Deich verbirgt sie. Doch sie ist es, die die Leute antreibt, beinahe ohne Unterlass zu arbeiten. Die ganze Nacht hatten die Schweißer geschuftet und den halben Tag. Jetzt liegt ein schwarzes Ungetüm auf dem Feld. An ein Ende hat jemand mit Leuchtfarbe und voller Stolz 72 Meter geschrieben. Und 1,40 Meter Durchmesser hat das Rohr, das Waldersee schützen soll, falls erneut Fluten anbranden würden. "Geht es schief, sind wir die Deppen."
1350 Meter ist der Schwedenwall lang, 65 Meter breit der Riss, durch den sich acht Millionen Kubikmeter Wasser in den Dessauer Vorort ergossen. Eine solche Lücke kann eigentlich nur aus der Luft geschlossen werden oder von großen Pontons aus. Die Bundeswehr verfügt eigentlich über die dafür notwendige Technik, doch die Bundeswehr hatte abgewinkt. Gert Möbius´ Haus steht in Waldersee, und zwar vor dem Hilfswall, der gebaut und dann doch überflutet wurde. Möbius hat die Arbeiten beobachtet, zwei
Bier getrunken, später eine Flasche Wein gegen den Frust. Am nächsten Tag hat er mit Ingenieuren von Siemer und Müller, Umwelttechnik und Wasserbau und Echterhoff die Lösung mit dem Rohr ausgetüftelt, sich das okay von der Stadt geholt. So etwas hatte noch niemand versucht, das Risiko war groß. "Geht es schief, sind wir die Deppen", sagt Möbius. Möbius und die anderen wollen den Versuch dennoch wagen. Den ganzen Tag über ist die Rede von einer neuen Wasserfront, die sich von Seegrehna her Richtung Dessaus bewegt - und die könnte Waldersee mit einem sperrangelweit aufstehenden Damm erneut gefährden. Außerdem ließe sich der Vorort besser über den Birnbaumweg entwässern, weil hier das Gelände niedriger liegt und zudem, so hofft er, die Strömungsverhältnisse günstiger sind. Möbius sagt, man müsse dort den Stöpsel ziehen. Aber dafür muss der Schwedenwall dicht
sein, um kein neues Wasser nachströmen zu lassen. Nachts hatten Helfer begonnen, Steine ins Wasser zu werfen, bis von den Bruchstellen des Walls aus kleinen Landzungen gewachsen waren. Sie sollen als Widerlager für die stählerne Sperre dienen, die an Bäumen festgezurrt werden soll. Am Donnerstagmittag ist die Arbeit vollendet. Ein Trupp
thüringischer Feuerwehrleute wartet auf dem abgebrochenen Damm auf Sandsäcke. Die aber können nicht herangeschafft werden, denn inzwischen ist das Sperrwerk unterwegs durch unwegsames Gelände: kein Auto könnte sich vorbeidrücken an der Stahlröhren, mit der sich drei Rohrleger auf Raupen abplagen und kaum voranzukommen scheinen. Die Zweifel wachsen erneut. Ein paar Stunden später sind sie indes verflogen. Das Rohr liegt, von einem Motorboot bugsiert, am richtigen Ort. Jetzt klingt Möbius erleichtert: "Es war ganz einfach."

Siedlung an der Adria

Gemeinschaft hilft in dieser schweren Zeit

Bewohner zwischen Hoffnung und Angst - Einsätze am Damm

 
Zeit für ein Gespräch hatte Rüdiger Tanz gestern Vormittag nur wenig. Zum Damm an den Hellen Eichen wollte er fahren und schauen, ob dort wieder Hilfe gebraucht wird. Dies macht der Dessauer, der in der Siedlung an der Adria wohnt, schon seit einer Woche. "Nicht nur ich", verweist er auf seine Mitbewohner. "Alle haben geschuftet, auch die Frauen."
Ruhig, ja nahezu idyllisch liegt die kleine Siedlung mit ihren 50 Häusern in der Vormittagssonne. Nur Sandsäcke vor den Türen, herunter gelassene Rollläden, ausgeräumte Wohnzimmer, die man durch die Fenster sieht, künden davon, dass die Idylle trügt. Am Dienstag voriger Woche wurde den Bewohnern das erste Mal eine Flutwelle für die Nacht angekündigt. "Geschlafen hat da keiner", erinnert sich Christel Fiebig, die mit ihrem Mann vor vier Jahren in ihr Häuschen zog. Auch die folgenden Nächte waren nicht viel anders. "Zu all der Angst kamen noch die Gerüchte, dass wir geopfert werden sollen und aufgegeben sind, da lagen die Nerven blank." Nach der Evakuierung am Dienstagmorgen dieser Woche, die zwei Stunden später wieder aufgehoben werden konnte, "haben wir uns alle in den Armen gelegen, so erleichtert waren wir", spricht Christel Fiebig das Zusammengehörigkeitsgefühl an, das unheimlich geholfen habe, diese schweren Tage zu überstehen. "Der Bernd Kremmling, sein Schwiegersohn Torsten Weidel und der Rüdiger Tanz haben enorm viel geleistet und sich immer zuerst um die anderen gekümmert."
Rüdiger Tanz will davon nichts hören. "Wir sind hier wie eine kleine Gemeinschaft, jeder hilft jedem." "Nach der Evakuierung haben wir uns alle in den Armen gelegen, so erleichtert waren wir." Christel Fiebig Adria-Siedlung Gestern Vormittag war Christel Fiebig das erste Mal seit Tagen wieder ruhig, erzählt sie. Bis zu dem Zeitpunkt, als Hubschrauber über den Häusern kreisen. Das Geräusch treibt sofort auch andere Bewohner vor die Tür. "Gibt es etwas Neues?", lautet die bange Frage. Eine neuerliche Wasserfront bewegte sich gestern Vormittag von Seegrehna her über den Kapengraben in Richtung A9 auf Dessau zu, informierte der Krisenstab am frühen Nachmittag. Eine akute Überschwemmungsgefahr bestehe aber zu diesem Zeitpunkt nicht. Dass sie "noch nicht aus dem Schneider sind", wie es Helmut Koppehel formuliert, ist wohl allen bewusst. Die Hoffnung haben die Adria-Bewohner aber zu keinem Zeitpunkt aufgegeben, versichert Bernd Kremmling. Vorsichtsmaßnahmen hat auch er getroffen: der Keller ist ausgeräumt, und für die Hühner hat er eine Leiter ins Gatter gestellt, damit sie nach oben klettern können. Die Katzen sind freiwillig aufs Dach und haben dort Zuflucht gesucht. "Das tun sie wirklich nur bei Gefahr", sagt Kremmling, der 1946 hier geboren wurde. "Wir hatten noch nie Wasser", weiß er deshalb. Und denkt, dass auch diesmal seine Siedlung verschont bleibt. Im Parkhotel "An der Adria" haben die Mitarbeiter nicht viel zu tun. Einige wenige Geschäftsreisende, "die sich noch trauen, hier zu schlafen", hätten eingecheckt, berichtet Gabriele Schröder. Die Gäste, die Dienstagnacht hier waren, haben mit der Evakuierung natürlich das Haus verlassen. Das Telefon steht kaum still, viele Vorbestellungen werden storniert. "Es weiß ja keiner, was mit dem Dessau-Wörlitzer Gartenreich wird", kann sie die Unsicherheit der Gäste verstehen. Nennenswerte Einnahmen hat das Hotel schon seit dem 13. August nicht mehr. Die Freiwillige Feuerwehr Mildensee hat hier übernachtet. Kostenlos natürlich. Mit 95 Prozent beziffert die Buchhalterin den Umsatzabbruch seit diesem Tag. Auf Arbeit kommen die 15 Mitarbeiter und sechs Auszubildende dennoch wie gewohnt, egal wie lange sie dafür unterwegs sind. "Einige von uns sind auch selbst betroffen, wohnen in Waldersee, Aken, Raguhn. Aber wir halten zusammen und motivieren uns gegenseitig", freut sich Gabriele Schröder.

Dank für große Hilfsbereitschaft

Köthener Lutzehof als sicherer Hafen

Familie Böckelmann aus Dessau-Waldersee fand Unterschlupf bei guten Freunden
im Nachbarort

 
Laura hat sich schon lange überlegt, was sie dem Mann von der Zeitung sagen will. Zum Beispiel, dass das schlimm ist mit dem Hochwasser. Und das es schön ist, dass sie nun in Köthen untergekommen sind. Mit ernstem Gesicht, wie es nur Siebenjährige machen können, sagt sie das. Und hängt noch dran: "Wir haben eine Fische-Pension." Mutter Gabi Böckelmann bringt das trotz aller Sorgen ein Lächeln auf die Lippen, als sie den fragenden Blick des Zeitungsmannes sieht. "Wir haben in Waldersee eine kleine Pension." Die jetzt unter Wasser steht. Böckelmanns sind seit gut einer Woche evakuiert. Bei Freunden in Köthen untergekommen: "Wenn Sie in unserer Situation sind und so bedingungslos die Hände gereicht bekommen, dann erst wissen Sie, was Freunde sind", hat Rainer Böckelmann in einer e-Mail an die MZ geschrieben, und: "Wir möchten uns auf diesem Weg bei Familie Raßler in aller Nachdrücklichkeit bedanken und wünschen allen Hochwasseropfern eine Familie Raßler." "Wir wünschen allen Hochwasseropfern eine Familie Raßler." Rainer Böckelmann Raßlers aus dem Lutzehof sind seit Jahren mit Böckelmanns befreundet. Die beiden Frauen sind zusammen in Köthen in die Ratkeschule gegangen, sind "ein Herz und eine Seele", wie sie sagen, und die Freundschaft hat sich später auf die Familien übertragen. So dass es Raßlers erster Gedanke war, als sie am 13. August im Radio von der Muldeflut hörten, die auf Dessau zurollte: "Was ist mit den Böckelmännern?" Die waren derweil noch auf Arbeit, so dass sie den Anruf der Raßlers gar nicht in Empfang nehmen konnten. Die standen dann gegen 18 Uhr vor dem Böckelmannschen Haus und machten nicht viele Umstände: Erst einmal wurde eiligst alles aus dem Erdgeschoss in die obere Etage geräumt, dann einige Sachen eingepackt und die vierköpfige Freundesfamilie mit nach Köthen genommen.
Das liest sich in wenigen Sekunden, aber man kann sich gut den Zeitdruck vorstellen, der in Waldersee von 18 bis 22 Uhr an diesem 13. August geherrscht hat. "Es war schon schwierig, überhaupt nach Waldersee reinzukommen", erinnert sich Christine Raßler. Rainer Böckelmann, der in Halle arbeitet, war inzwischen von seiner Frau darüber informiert worden,
was seinem Wohnort bevorstand und wollte das erst gar nicht glauben. Auf der Rückfahrt nach Dessau habe er den Katastrophenstab angerufen und sich über die Lage kundig gemacht. Als er hörte, dass mit einem Pegelstand von acht Metern zu rechnen sei, normal sind zwei Meter, "wollte ich noch in Mildensee in den Baumarkt fahren, Bretter holen, um die Fenster zu verbarrikadieren." Der Baumarkt in Mildensee war freilich schon geschlossen, so dass Rainer Böckelmann vom Auto aus einen Freund in Kühnau anrief und ihn bat, schön große Spanplatten zu kaufen und Bauschaum. Die parallelen Aktionen liefen dann in der Walderseer Igellache zusammen: Das Material zum Sichern das Hauses war da und eben auch die Raßlers. "Die Männer haben sich dann um die bautechnische Seite gekümmert und wir Frauen haben geschleppt", sagt Christine Raßler. Auch die Böckelmannschen Kinder halfen mit ebenso wie der 18-jährige Dirk Raßler. Und die Feriengäste aus Norddeutschland, die sich in der Pension "Igel", die Böckelmanns im Nebenberuf führen, eingemietet hatten, mussten auch noch über die Lage aufgeklärt und auf den Weg gebracht werden. Der Auszug aus Waldersee hat sich Evakuierten und Helfern dauerhaft eingeprägt. Es ging nur im Schritttempo. Wahre Massen verließen den Dessauer Ortsteil in Richtung trockenen Landes. Auf der Straße, erinnert sich Gabi Böckelmann, zuckelte ein Pferdefuhrwerk vor ihnen dahin, auf dessen Ladefläche Ziegen standen. Die Menschen gingen daneben her, hatten Taschen und Sachen in den Händen. Bilder, wie man sie nur aus Dokumentarfilmen über Kriegsflüchtlinge kennt. Dramen spielten sich ab: Bei den Nachbarn wollte die Frau schnell weg, der Mann wollte bleiben - Tränen, Streit, Verzweiflung. Böckelmann und Raßlers sind sicher, alles richtig gemacht zu haben. "Das Leben ist das Allerwichtigste", sagt Rolf Raßler. So schmerzlich es zu wissen ist, dass das eigene Haus im Wasser steht -erst einmal musste man sich selbst in Sicherheit bringen. "Die Männer haben sich dann um die bautechnische Seite gekümmert und wir Frauen haben geschleppt." Christine Raßler
In Köthen hat man sich in der Drei-Raum-Wohnung im Lutzehof so gut es geht eingerichtet: Gabi, Rainer, Sebastian und Laura Böckelmann, Christine, Rolf und Steffen Raßler. "Wir haben auch noch ein Zelt aufgebaut, für den Fall, dass noch Evakuierte untergebracht hätten werden müssen." Es sei schließlich ungewiss gewesen, wie sich die Lage in Aken entwickelte. "Hier ist nach wie vor Platz, kein Thema", sagt Rolf Raßler. Ansonsten gilt: Alles geht Hand in Hand, keine Hektik, kein Stress. Selbst die Hunde Senta (Waldersee) und Sissi (Köthen) kommen gut miteinander aus, und Lauras Wellensittich Peter bekommt in seinem Käfig ohnehin kaum etwas von den Veränderungen mit, die den Böckelmanns natürlich immer im Hinterkopf sitzen. Sie lenken sich mit Arbeit ab, so gut es geht. Im Büro oder beim Sandschippen. Auch da haben sie die große Unterstützung gespürt, die die Hochwasseropfer seit Tagen erhalten haben und weiter erhalten. Sie habe einen erschöpften älteren Mann beim Schippen abgelöst, erzählt Gabi Böckelmann. Im Gespräch habe sie erfahren, dass er mit seiner Frau aus Saalfeld nach Sachsen-Anhalt gekommen ist, um zu helfen. Zuerst in Bitterfeld, wo sie durch schlechte Information fast in Gefahr geraten wären, dann in Dessau. Der Sohn der Saalfelder war zur gleichen Zeit in Dresden im Einsatz, drei  Tage lang hatten sie nichts von ihm gehört. Rolf Raßler, der in Köthen bei einer Heizungs-und Sanitärfirma arbeitet, bekam bei einem Auftrag auf dem Dorf ein paar Eier zugesteckt, als er erwähnte, dass er Evakuierte aufgenommen hatte. Christine Raßler, die arbeitslos ist, musste just in der Zeit, als Böckelmanns im Lutzehof einzogen, eine neue Maßnahme vom Arbeitsamt beginnen, was die Kinderbetreuung - Laura und Sebastian Böckelmann gehen ja derzeit nicht zur Schule - vor Probleme stellte: In dem Moment haben wieder andere Freunde, Einwanderer aus der Ukraine, sich um die Kinder gekümmert. Dirk Raßler wohntbei seiner Freundin in Klepzig - und auch dort hat man Leute, allerdings aus dem Akener Bereich, aufgenommen. Rainer Böckelmanns Eltern, die mit in dem Haus in Waldersee wohnen, sind ebenfalls bei Freunden untergekommen. "Es ist schon unglaublich,wie viel Hilfsbereitschaft es überall gibt."


Samstag, 24. August

Deich offen in Waldersee, Wasser geht zurück

In Waldersee ist jetzt der Deich am Birnbaumweg und an einer weiteren Stelle geöffnet worden, damit das Wasser aus dem Ort fließen kann. Dies sagte gestern OB Hans-Georg Otto bei einer Pressekonferenz. Sobald es ölfreie Wasserflächen gebe, werde man auch mit dem Abpumpen anfangen. Unterdessen läuft, wenn auch mit sehr geringer Geschwindigkeit, Wasser von Seegrehna kommend Richtung A 9, das zum Teil über die Autobahn gepumpt wird. Allerdings scheint die Gefahr, von der gestern noch die Rede war, durch Notdeiche weitestgehend gebannt. Die geplante Sprengung des Deiches bei Schönitz nannte Otto eine gute Lösung. Das Wasser werde geregelt in die Elbe fließen und stelle keine Bedrohung für Dessau dar.


Schulunterricht frühestens ab kommendem Mittwoch

Großteil der Tagesstätten der Stadt öffnet ab Montag

 
Die Dessauer Schulen bleiben voraussichtlich noch bis einschließlich Dienstag kommender Woche geschlossen, ausgenommen die Grundschule "Am Luisium" in Dessau-Waldersee, die noch die gesamte kommende Woche geschlossen bleibt. Das teilt die Stadtverwaltung mit. Bereits am Montag, dem 26. August, sollen die kommunalen Kindertagesstätten wieder öffnen. Geschlossen bleiben jedoch die Einrichtungen der Vororte Mildensee, Waldersee und Kleutsch. Die Kinder aus Waldersee werden in der Kindereinrichtung "Spielhaus", im Pappelgrund 53/54, die aus dem "Kleutscher Spatzennest" im "Nesthäkchen", Ballenstedter Straße 22/23, betreut. Die Kindertagesstätte "Märchenland" und im "Altener Kinderparadies" nehmen die Kinder aus der Mildenseer "Spielbude" auf. Mit Ausnahme des Hortes "Mauerschule", der ebenfalls schon am Montag öffnet, bleiben alle weiteren kommunalen Horte vorerst auch geschlossen.

Unterstützung nach der Katastrophe

Ein Walderseer hilft den Walderseern

Thomas Göldner kann in Baufragen wichtige Fragen klären

Eigentlich hätte Thomas Göldner allen Grund, in den nächsten Tagen und Wochen erst einmal an sich selbst und seine Familie zu denken. Der Architekt bewohnt ein Häuschen in der Horstdorfer Straße in Waldersee und gehört damit zu den Dessauern, die unmittelbar und besonders schwer von der Flutkatastrophe betroffen sind. Doch die Zeit, "den Kopf in den Sand zu stecken", will und kann sich der Architekt und Bausachverständige nicht nehmen. "Ich weiß, welch enorme Last jetzt auf den Hausbesitzern liegt, die überflutet sind, deshalb biete ich gemeinsam mit anderen Kollegen schnell und unkompliziert Hilfe an."

"Nicht einfach drauf los arbeiten." Thomas Göldner Bausachverständiger. Er selbst wohnt mit Frau und den beiden Kindern seit zwei Wochen bei den Schwiegereltern in Kühnau. "Dort sind wir gut aufgehoben und bestens betreut", weiß er diese Hilfe zu schätzen. Am Donnerstag hat er sein eigenes Haus das erste Mal in Augenschein nehmen können. Bis in die erste Etage stand das Wasser. "Die Vorsichtsmaßnahmen, die wir am Haus getroffen haben, reichten bei weitem nicht aus. Es konnte sich ja auch keiner vorstellen, dass es so schlimm kommt." Persönliche Sachen, wie die Musikinstrumente und Malutensilien, hätten sie Gott sei dank retten können, freut sich der Hobbymusiker, der manchmal auch malt und zeichnet. So schlimm die Lage auch sei, sagt der Walderseer bestimmt, "ich bin zuversichtlich". So gern Thomas Göldner, und da geht es ihm wie allen anderen Walderseern, möglichst schnell mit den Aufräum- und Renovierungsarbeiten beginnen würde, so weiß der Bausachverständige Göldner doch, dass hier Geduld gefragt ist.

"Das Wasser steht noch im Haus, auch die Straßen sind noch nicht frei. Es gibt keinen Strom, um Maschinen zu betreiben. Man kann also effektiv noch gar nichts tun." Ende nächster Woche, so hofft er, sieht die Lage besser aus. Auch wenn das Wasser dann weg ist, rät der Fachmann, "nicht einfach drauf los zu arbeiten". Die Gefahr, dass durch unbedachte Arbeiten die Schäden mitunter noch verschlimmert werden, und am Ende doppelt und dreifach gezahlt

werden muss, sei groß. Thomas Göldner rät deshalb allen, deren Haus im Wasser stand, einen Experten um Rat zu fragen, ehe mit der Reparatur oder Sanierung begonnen wird. "Ganz wichtig ist also die Schadensbegutachtung vor Ort durch einen Experten, der kann dann auch die richtige Sanierungsmethode auswählen." Eine Pauschalbeurteilung der Schäden zum Beispiel für Waldersee sei überhaupt nicht möglich, so Göldner. "Jedes Haus ist anders gebaut, hat eine andere Lage und muss deshalb einzeln betrachtet werden." Informationen und Beratung bieten Thomas Göldner und seine Kollegen kostenfrei rund um die Uhr an. Auch für eine erste In-Augenscheinnahme des Schadens vor Ort wird der Sachverständige noch keine Rechnung schreiben. "Ab einem bestimmten Leistungsumfang ist dies dann zwar nicht mehr möglich, aber wir werden die Zahlungsmodalitäten in jedem Fall für die Betroffenen tragbar und akzeptabel gestalten. "Wir haben auch kein Problem, wenn eine Rechnung erst im November bezahlt wird." Für die Zukunft hat der Dessauer drei

Wünsche: Die Hochwasserschutzanlagen sollten so verstärkt werden, dass sie einem neuerlichen Angriff stand halten, auch die Infrastruktur Waldersees sieht er stark verbesserungswürdig. "Und es sollte ein Katastrophenschutz installiert werden, der den Namen auch verdient, mit Fachleuten und weisungsberechtigten Personen."

Wohnungssuche

Evakuierten Walderseern konnte geholfen werden

DWG vermittelte 103 Wohnungen - Raguhner nahmen Hilfe in Anspruch

Einen großen Andrang von Wohnungssuchenden aus dem evakuierten Dessauer Ortsteil Waldersee hatten die Mitarbeiter der Dessauer Wohnungsbaugesellschaft bis gestern zu bewältigen, heißt es in einer Pressemitteilung des Unternehmens. Im zentral gelegenen Hauswartbüro in der Antoinettenstraße 14 seien rund um die Uhr Wohnungsschlüssel herausgegeben worden, standen Mitarbeiter zur Klärung von Problemen bereit.

Wie die beiden Geschäftsführer Waltraud Stebner und Joachim Schlichter gestern mitteilten, seien insgesamt 103 Wohnungen an die Opfer des Hochwassers für eine befristete Nutzung vergeben worden. Die DWG habe den überwiegend Walderseer Bürgern, aber auch einigen Hilfesuchenden aus Raguhn, ganz bewusst die Zeitdauer der Nutzung der Wohnungen zur freien Entscheidung überlassen, weil Art und Umfang der Schäden an den Häusern erst

in einigen Tagen für die Eigentümer erkennbar seien. In dieser gesamten Zeit hätten die Bewohner eine gesicherte Bleibe bei der DWG. Stebner und Schlichter informierten weiterhin darüber, dass die DWG allen Hochwasseropfern zunächst eine Befreiung von der Zahlung der Nettokaltmiete bis zum 31. Dezember 2002 eingeräumt habe. Ferner entfalle die Pflicht der Zahlung von Betriebskosten bis zum 31. August. Nach den Worten der Geschäftsführer bestehe selbstverständlich die Möglichkeit, ein unbefristetes Mietverhältnis bei der DWG abzuschließen. Erste Gespräche mit Interessenten hätte es bereits schon am Donnerstag gegeben. Das Unternehmen habe darüber hinaus auch Familien und Einzelpersonen geholfen, die ihre Möbel oder wertvolle Geräte unterstellen wollten. Für diese Zwecke habe die DWG weitere 68 Wohnungen zur Verfügung gestellt, betonten dieGeschäftsführer abschließend.

Leserbriefe

Ein Offener Brief an die Landesregierung zum Abzug der Bayern vom Hochwassereinsatz in Dessau

Sehr geehrter Herr Minister Prof. Dr. Wolfgang Böhmer, sehr geehrter Herr Innenminister Klaus Jeziorski, ich bitte von Ihrer Seite aus um eine persönliche Stellungnahme, weshalb ich als Angehöriger einer der Bayerischen Freiwilligen Feuerwehren in Ihrem Bundesland vom 17. bis 20. August eingesetzt war, und von diesem Einsatz, trotz der sichtbaren notwendigen

Hilfe in Dessau, unerwartet vom Einsatz abgezogen und nach Hause geschickt wurde. Dies ist für mich absolut nicht verständlich. Anscheinend weiß man bei Ihnen nicht, was es für einen Arbeitnehmer bedeutet, an solch einem Einsatz teilzunehmen und dies in kürzester Zeit auch im privaten Bereich zu organisieren, seine Gesundheit zu riskieren sowie auch die dort ansässige Bevölkerung mit Ihren Nöten alleine zu lassen.

Auf gut Deutsch gesagt: "Ich fühle mich verarscht! und stelle mir die Frage, ob bei Ihnen die linke Hand weiß, was die rechte macht!". In meinen Augen ist dies einfach unglaublich!

Richard Lehnert, Neu-Esting

Dank an die vielen Helfer zu den Anstrengungen im Hochwassereinsatz

Als erstes möchte ich mich als direkt Betroffener aus Dessau-Waldersee auf diesem Wege bei den Helfern, egal ob sie von Bundeswehr, Technischem Hilfswerk, Bundesgrenzschutz, Johannitern oder Polizei waren, bedanken.

Besonders beeindruckt haben mich auch die unzähligen freiwilligen Helfer, egal ob sie zu Fuß, mit Fahrrad, Pkw oder Lkw unterwegs waren. Alle Helfer und die Bewohner von Waldersee haben seit Mittwoch vergangener Woche gekämpft gegen diese Flut und zum Schluss dennoch die Schlacht verloren. Als Bewohner von Waldersee hatte ich erst spät die Möglichkeit, die MZ von Mittwoch an zu lesen. Diese Tagesberichte - zusammengefasst gesehen - spiegelten das Hoffen und Bangen der Bewohner und der Helfer. Auf der Kehrseite habe ich mit großer Verwunderung den Leitartikel von Ministerpräsident Wolfgang Böhmer gelesen.

Ich stand zwischen diesen vielen Leuten und habe die Sonnen aufgehen sehen über dem Wasser, wir haben den Sonnenuntergang gesehen über den überfluteten Elbwiesen, die Menschen gesehen, wie sie im Licht von Scheinwerfern und dem Knattern der Notstromaggregate auf den Deichen standen und die Sandsäcke weitergereicht haben, die vielen Erwachsenen und auch Kinder an den Sandplätzen, die die Säcke gefüllt haben und alle haben gesagt, hoffentlich wird die letzte Flutwelle nicht so stark.

Und was sagt "unser" Ministerpräsident dazu? Die Elbe muss schneller fließen, damit die acht Schiffe am Tag das ganze Jahr fahren können. Ich frage mich nur, wessen Ministerpräsident er ist. Meiner jedenfalls nicht.

Wem nutzt dieser Ausbau? Den acht Schiffern bestimmt nicht. Aber bestimmt den Firmen, die den Elbausbau durchführen. Meiner Meinung nach hat die gesamte Regierung in dieser Krise das Vertrauen verspielt, das die Menschen in sie hatten. Im Nachhinein kann man sehr gut reden. Aber als Bewohner und Helfer an vorderster Front hatte und habe ich kein Vertrauen mehr in die Krisenstäbe. Die Fehlentscheidungen, das Informationsdefizit, die fehlende Kommunikation der Beteiligten und die zerrüttete Kompetenzverteilung wurden zum großen Teil nur durch das Engagement der Menschen wieder gut gemacht.

Matthies, per E-Mail

Waldersee bleibt zu

Ehms Appell an Bewohner

Waldersee bleibt bis auf weiteres Sperrgebiet, d.h., der Ort ist für Zivilpersonen tabu. Gründe für die Entscheidung des Katstrophenschutzstabes: mögliche gesundheitliche Gefahren durch Ölverschmutzung, Behinderung von Einsatzkräften, etc. Ortsbürgermeister Lothar Ehm appellierte unterdessen an die Walderseer, das Sperrgebiet im eigenen Interesse zu beachten. Nur so könnten die Vorarbeiten zügig abgeschlossen werden.

Montag, 26. August

Es ist bitter für Waldersee, Ort noch Sperrgebiet

Auch eine Woche, nachdem der Schwedenwall gebrochen war und sich Waldersee den einströmenden Wassermassen ergeben musste, halten Polizeibeamte die Einwohner von ihren Häusern fern. Der Vorort ist weitgehend abgesperrt. Wer zu Hause nach dem Rechten sehen will, muss sich an feste Zeiten halten. Warum das so ist, fragte MZ-Mitarbeiterin Sylke Hermann den Ortsbürgermeister Lothar Ehm.

Herr Ehm, die Walderseer sind ungeduldig und fragen sich, warum sie nicht in ihre Häuser dürfen. Warum also?

Ehm: Weil wir zuerst das Wasser und das Öl in den Griff bekommen müssen. Die Siedlung zum Beispiel steht noch vollkommen unter Wasser, und so gibt es viele Stellen in Waldersee. Es sind aber unzählige Helfer mit schwerem Gerät unaufhörlich im Einsatz. Diese Unterstützung ist einfach faszinierend.

Wann glauben Sie, ist Waldersee kein Sperrgebiet mehr?

Ehm: Ich hoffe, dass wir Mitte der Woche mit den Arbeiten fertig sind. Aber dafür gibt es auch keine Garantie.

Haben Sie eine Vorstellung, was es kosten wird, die Schäden der Flut in

Waldersee zu beseitigen?

Ehm: Das kann ich überhaupt nicht einschätzen. Ich weiß nur, dass es wesentlich billiger gewesen wäre, wenn man im Vorfeld in unsere Deiche investiert hätte. Aber glücklicherweise kann niemand von den Verantwortlichen sagen, nichts vom schlechten Zustand unserer Deiche gewusst zu haben. Ich habe oft genug gemahnt, dass wir hier etwas tun müssen. Dass es uns jetzt so schlimm erwischt hat, ist für Waldersee bitter.

Papierberg hilft nicht

 

Die Ministerin hat sich ein Bild gemacht, hat zugehört, registriert, zugesagt, bestimmte Probleme und Anregungen weiter zu leiten. Manches, was sie nun mit eigenen Augen gesehen hat, ist ihr offensichtlich klarer geworden.

Einblick und Einsicht allein reichen aber nicht. Die hatte schon im Februar der Geschäftsbereichsleiter des Landesbetriebes für Hochwasserschutz gehabt, als er erklärte: Eine Dingerechte Deichsanierung lasse keine Bäume zu. Doch dann kamen lediglich die Hinweise auf Umweltverträglichkeitsstudien und Planfeststellungsverfahren, die Monate in Anspruch nehmen.

Wenn Waldersee echt geholfen werden soll, dann müssen Prioritäten gesetzt werden. Naturschutz hin und Weltkulturerbe her. Den Vorrang müssen die Menschen haben, die in dem vom Hochwasser gefährdeten Gebiet leben. Und diese Prioritäten sind konsequent durchzukämpfen. Von Ministerebene bis zum Sachbearbeiter.

Denn Hochwasser lässt sich nicht durch Gesetzblätterstapel und bürokratisch bearbeitete Papierberge aufhalten. Es folgt den eigenen Gesetzmäßigkeiten. Eine davon dürfte mittlerweile jeder kennen: Es kommt immer wieder.

"Gut, dass ich hier war"

Umweltministerin informiert sich in Waldersee über Schäden und Probleme

Rückwärts wieder raus. Diese Entscheidung muss Bereitschaftsführer Stefan Tönnies auch in der Wilhelm-Feuerherdt-Straße treffen. "Das Fahrzeug darf nur bis zu den Blinkern ins Wasser", erklärt der Feuerwehrmann der sachsen-anhaltischen Umweltministerin, die mit auf dem Laster steht, "sonst saufen wir ab."

Petra Wernicke hat vollstes Verständnis dafür. Einen sie betroffen machenden Eindruck vom überfluteten Waldersee hat sie zu diesem Zeitpunkt ohnehin schon, auch wenn die eigentlich vorgesehene Fahrtroute mit dem Fahrzeug der Dessauer Feuerwehr auf Grund der Wasserhöhen nicht eingehalten werden konnte.

"Es sollte überlegt werden, ob in Hochwassergebieten, überhaupt noch Ölheizungen eingebaut werden dürfen." Lothar Ehm Ortsbürgermeister

An den neuen hell leuchtenden Häuserfassaden zeigen braune und graue Striche, wie hoch das Wasser gestanden hat und wie es Stück für Stück langsam gesunken ist. Garageneinfahrten sind noch hoch überflutet, Hauseingänge, wenn sie eine Treppe davor haben, manchmal schon frei gegeben. Doch in den kleinen Gärten davor steht noch die graubraune stinkende Brühe.

Manche Tore hat dieses Wasser ausgehoben und irgendwohin getragen. Die Eckpfeiler ragen aus dem Wasser, geben den Blick auf das Klingelschild frei. Hecken strecken nur in oberen Bereichen ihr Grün in den Sommertag, darunter liegt wie ein Betonsockel grauer Schleier auf den Blättern, während die untersten Bereiche noch im Wasser stehen, auf dessen Oberfläche Öl, Äste und jede Menge Dreck schwimmen.

Vom Zustand der Deiche und dem Ausmaß der Öl-Verschmutzung wolle sie sich ein Bild machen, "weniger von der Einsatzstelle, das läuft hier", erklärt Wernicke, als sie am Sonnabend in Waldersee eintrifft. Auf der Rundfahrt und in den Gesprächen mit Ober- und Ortsbürgermeister sowie CDU-Landtagsabgeordneten bekommt sie dann etliche Sorgen mehr mit, die sie an die Landes- und Bundesregierung weiterleiten soll. Da werden die Straßenreparaturen und die Hilfsprogramme für Unternehmen und die privaten Haushalte sowie die zu verbessernde Ausstattung der Feuerwehren ebenso erwähnt wie Schlussfolgerungen, die direkt in den Bereich der Landwirtschafts- und Umweltministerin fallen.

Das Naturschutzgesetz zum Beispiel sollte geändert werden, fordert Ortsbürgermeister Lothar Ehm. Es gehe nicht an, dass von März bis November die Deiche nicht gemäht werden dürften. Die seien völlig überwuchert, wer solle da Sickerstellen erkennen. Beim Zwischenstopp im Luisium weist er auf den Streit mit den Denkmal- und den Naturschützern hin, den die Walderseer schon seit Jahren führen. Die einen wollen mit Hinweis auf die Historie keine höheren Deiche zulassen, die anderen seien gegen das Fällen der Bäume, erklärt Ehm. Dann zeigt er, dass die Helfer jetzt die Deiche mit Sandsäcken erhöhen mussten, und schräg stehende Bäume gefällt wurden, damit diese nicht durch die weichen Deichen umstürzen und dabei mit ihren Wurzeln Löcher in die Erdwälle reißen. Mit welcher Kraft das Hochwasser Öltanks in den Kellern angehoben und dabei Leitungen zerrissen hat, ist bei einem anderen Halt gegenüber der Schule zu sehen. Meist seien es solche Plastiktanks, weiß der Bereichsleiter der Northeimer Umweltfeuerwehr inzwischen, die nicht auf dem Kellerboden verankert sind. Dass so viele Haushalte mit einer Ölheizung ausgestattet sind, hat selbst den Ortsbürgermeister überrascht. "Es sollte überlegt werden, ob in Hochwassergebieten, überhaupt noch Ölheizungen eingebaut werden dürfen", rät Ehm der Ministerin. In Waldersee würden die Stadtwerke die Umstellung auf Gas fördern, fügt er hinzu. Schließlich tragen vor allem die beiden Dessauer Landtagsabgordneten noch ein Problem an die Ministerin heran: Bei Katastrophen dieses Ausmaßes müsse es eine andere Organisationsstruktur geben, betonen Jens Kolze und Ralf Laaß. Die Ministerin registriert auch das, spricht von ersten Überlegungen dazu und sagt beim Abschied: "Gut, dass ich hier war und das gesehen habe."

Geld vom Stadtkonto für Bürger Waldersee erhält Hilfe

Die Stadt Dessau hat bei der Sparkasse ein Spendenkonto mit dem Verwendungszweck "Spende Hochwasser Dessau" eingerichtet. Wohin die darauf eingezahlten Mittel fließen sollen, fragte MZ-Redakteurin Carla Hanus den Oberbürgermeister der Stadt, Hans-Georg Otto. Die Spendenbereitschaft in Dessau ist groß. Trotzdem scheuen sich einige, auf das Konto der Stadt einzuzahlen. 

Sie befürchten, dass die Gelder nicht den Betroffenen zugute kommen. Ist diese Zurückhaltung gerechtfertigt? 

Otto: Keinesfalls. Diese Spenden werden den Bürgern von Waldersee zugute kommen. Das ist ganz klar. Wir werden mit dem Ortschaftsrat beraten, wie und an wen die Mittel zu verteilen sind. Dafür müssen wir jedoch noch abwarten, bis in etwa das Ausmaß an Schäden bekannt ist. 

Sie sprechen von Privatpersonen. An Unternehmen ist demnach nicht gedacht?

Otto: Erst einmal nicht. Es geht hier wirklich um die Bürger. Denen soll mit diesen Geldern so weit wie möglich die finanzielle Last genommen werden. Die Arbeitslast und die Entbehrungen können wir ihnen leider nicht nehmen, da können wir ihnen nur beistehen. Was die Unternehmen betrifft, da habe ich unsere Wirtschaftsförderer losgeschickt, dass diese beraten und über mögliche Förderprogramme informieren. Betroffene können sich natürlich auch in der Verwaltung melden.

Wie steht es mit kommunalen Einrichtungen?

Otto: Für die Schule und so weiter müssen wir die Mittel aus anderen Bereichen aufbringen. Dieses Konto ist wirklich für betroffene Bürger vorgesehen. Auch um möglichst eine gerechte Verteilung zu erreichen. Ich denke da auch an ältere Ehepaare, die in Waldersee ein Haus haben und die vielleicht ohne Hilfe dastehen. Deshalb brauchen wir auch die Zusammenarbeit mit dem Ortschaftsrat. Ich bitte jeden, den es nicht betroffen hat, sich zu überlegen, was er geben kann. Wenn das Hochwasser uns alles genommen hätte, würde der Schaden für jeden von uns auch nicht nur bei 500 Euro, also bei der Höhe der Soforthilfe, liegen. Der würde in die Tausende gehen für jede Familie.

Gibt es eine Spendenquittung?

Otto: Die wird ausgestellt.

Spendenkonto der Stadt: Stadtsparkasse Dessau, Kontonummer 300 030 48, Bankleitzahl 800 535 72, Verwendungszweck: Spende Hochwasser Dessau.

HELFER AUS NORTHEIM         

Spezialisten in Sachen Umwelt         

Mit 30 Kameraden hat die Umweltfeuer, Feuerwehrbereitschaft 4, des Landkreises Northeim in Waldersee bei der Ölbekämpfung geholfen. Dazu gehören auch neun Taucher. Zudem waren mit ihr 130 Kameraden der konventionellen Feuerwehr mit Pumpen und anderer Technik aus dem niedersächsischen Kreis angereist. Die Ölschadensbekämpfung ist seit rund 50 Jahren ein fester Bestandteil dieser Wehr. Entsprechend ist sie auch mit allen erforderlichen Geräten ausgerüstet, auch mit einem Schlauchboot zum Ausbringen von Ölsperren. Die Northeimer Umweltfeuerwehr besteht generell aus drei Zügen, der Wasserrettung, Chemie-und Strahlenschutz und dem ABC-Zug. Insgesamt versehen darin rund 100 Kameraden ihren ehrenamtlichen Dienst zusätzlich zu ihrer Tätigkeit in den eigenen Ortsfeuerwehren des Landkreises. Geführt wird die Umweltfeuerwehr durch ein junges Kommando.  

Gottesdienst in Mildensee für Nachbarn         

Kollekte wird gesammelt         

Ein Dank- und Fürbittgottesdienst wird am 1. September um 10.30 Uhr in der Mildenseer Kirche stattfinden. "Wir wollen eine Kollekte einsammeln, die für die Freiwillige Feuerwehr in Waldersee bestimmt ist", informierte gestern Pfarrerin Eva-Maria Schneider. Weiter heißt es in der Pressemitteilung aus Mildensee: "Bis an die Grenze der totalen Erschöpfung haben sich die Kameradinnen und Kameraden eingesetzt, um Waldersee und zugleich die ganze Stadt Dessau zu schützen. Als das Wasser kam, waren alle im Einsatz. Sie hatten keine Chance, zu Hause etwas zu sichern und zu retten. Auch die Unterkunft der Freiwilligen Feuerwehr Waldersee ist zerstört. Und weiterhin sind alle Kameradinnen und Kameraden im Einsatz!

Mit unserer Kollekte wollen wir helfen, wenigstens etwas zur Linderung der finanziellen Nöte beizutragen. Wir im Ortsteil Mildensee wollen einfach sagen: Mit großer Hochachtung denken wir an Euch in Waldersee - alle unsere guten Gedanken gehen zu Euch. Wo es uns möglich ist, da wollen wir helfen."

Dienstag, 27. August         

Von Jeßnitz nach Waldersee

Öl-Wehr mit großem Pool Kameraden aus Bayern helfen Feuerwehr

Wie ein riesiger Swimmingpool liegt das Becken auf der Kreuzung nahe des Walls in Waldersee. Bei den hochsommerlichen Temperaturen wäre eine Abkühlung auch wünschenswert. Doch Neugierigen, die sich recken, um über den Beckenrand zu schauen, schlägt Ölgestank entgegen. In dem Pool wabert schwarz eine dicke Schicht Heizöl.

Seit rund zehn Tagen ist die bayrische Öl-Wehr in Waldersee im Einsatz. In dem großen Auffangbecken, das rund 50 Kubikmeter Flüssigkeit fassen kann, wird das Wasser-Öl-Gemisch gesammelt, das in den Straßen, Gärten und Häusern in Waldersee abgesaugt wird. 68 000 Liter seien es am Sonntag gewesen, erklärt Kreisbrandmeister Hans Glötzl. Gestern waren allein von 5 bis 16 Uhr weitere 110 700 Liter des stinkenden Gemischs dazu gekommen, wobei die 18 Kameraden aus Ingolstadt und Regenstauf bis zum Dunkelwerden weiter machen wollten.

In dem großen Auffangbecken wirkt dann die Schwerkraft, das Öl bleibt oben und das Wasser kann im unteren Bereich wieder abgepumpt werden. Wenn die verbleibende Ölschicht eine Dicke zwischen 20 und 30 Zentimeter erreicht hat, wird auch dieses abgesaugt und abgefahren. "Solche Anlagen gibt´s nur in Bayern", sagt Glötzl überzeugt und gibt die Öl-Sondermüll-Ausbeute vom Sonntag mit rund 8 000 Litern an.

Bis Mittwoch würden seine Kameraden noch in Waldersee eingesetzt, erzählt der 43-Jährige, der am Sonnabend seinen Geburtstag in der Dessauer Anhalt-Arena gefeiert hat. Bis dahin würden sie den Dessauer Feuerwehrleuten noch etliche Erfahrungen vermitteln, verspricht Glötzl. Immerhin war die Öl-Wehr zuvor in Jeßnitz, allerdings habe sie inzwischen das Personal getauscht.

Wie viel Öl trotzdem später noch den Boden belasten wird, das kann Glötzl nicht sagen. Vielleicht fünf Prozent der ausgelaufenen Menge, vermutet er. Aber da wolle er sich überhaupt nicht festlegen, weil viele Faktoren mit reinspielen. "Man kann nicht überall gleichzeitig sein." Hans Glötzl Kreisbrandmeister

Indes laufen die Bemühungen in den überfluteten Bereichen auf Hochtouren, so schnell wie möglich Grundstücke und das in Kellern ausgelaufene Öl aufzufangen. "Man kann nicht überall gleichzeitig sein", bedauert Glötzl, der sehr gut versteht, dass die Walderseer schnell wieder in ihre Häuser wollen und ihren Elan bewundert: "Mit Schaufel, Besen und Stiefeln kommen sie und legen los." Der verständliche Wunsch, noch zu retten, was zu retten geht, ist in Waldersee aber auch zu einem großen Problem geworden. Den ganzen Tag über mussten auch gestern wieder Walderseer abgewiesen werden, die in ihre Häuser wollen. "Die Feuerwehrleute haben sich schon beschwert, dass sie nicht in Ruhe arbeiten können", erzählte Ortsteilbürgermeister Lothar Ehm. Es seien ja schon die Fahrzeuge sozusagen im Kreisverkehr unterwegs, die den Notdeich abtransportieren müssen, nannte er nur eine zusätzliche Belastung. Geradezu beschwörend fügte er hinzu: "Je mehr Leute wir hier drin haben, um so länger dauert es, bis wir mit Öl und Wasser fertig werden." Immer wieder verwies er auf die "Besuchszeit" von 17 Uhr bis etwa zum Dunkelwerden. "Wir sind schonziemlich weit", schätzte Ehm ein. Aber eine Prognose für die generelle Rückkehr wagte er gestern nicht. Allerdings soll ab heute der Sperrmüll abgefahren werden. Kostenlos. Fahrzeuge, Bagger und Personal seien geordert, erklärte Ehm. Jedoch bitte er alle, den Sperrmüll im Bereich der Grundstücke zu lagern, und zwar so, dass er für die Entsorger zugänglich ist. Sollte der Müll auf der Straße liegen, befürchte er eine noch größere Beeinträchtigung der Arbeit der Feuerwehr.

DAS AUSMAß: 1 500 Betroffene

Insgesamt sind im Stadtverband der Gartenfreunde Dessau e. V. 83 Kleingarten-Anlagen der Region organisiert. In 21 von diesen sind Schäden zu verzeichnen, knapp 1 500 Gärten gelten als betroffen. Sehr schwer beschädigt wurden etwa 850 Gärten. Besonders schlimm sind die Verwüstungen in den Anlagen "Am Luisium 1, 2, 48", in den Gartensparten "Waldersee", "Jonitz", "Stillinge", "Schillerpark" und "Eschenweg".

Der Stadtverband versucht zunächst, die betroffenen Sparten aus eigenen Mitteln zu unterstützen, steht jedoch auch im ständigen Kontakt mit dem Landesverband und anderen Zusammenschlüssen, die Hilfe angeboten haben. Am kommenden Donnerstag werden sich ab 17 Uhr die Vereinsvorsitzenden der betroffenen Sparten im Gartenheim "Flora" treffen. Am 5. September ist dann eine Gesamtvorstandssitzung aller Kleingartenanlagen Dessaus geplant.

 

Mittwoch, 28. August

MZ-Gespräch mit Stadtwehrleiter Olaf Braun

Öl-Sammel-Idee zwischen Improvisation und Patent Feuerwehrleute bleiben auch nach Trockenlegung der Straßen vor Ort

Grün gekennzeichnet sind auf dem Walderseer Lageplan die Straßen zwischen der Goltewitzer, dem Wall, der Rehsener und der Dessauer Straße."Grün" bedeutet, dass Bürger weitestgehend trockenen Fußes ihre Häuser erreichen können. Über die Arbeiten, die trotzdem noch in dem ehemals überfluteten Gebiet laufen, sprach MZ-Redakteurin Carla Hanus mit dem Einsatzleiter von Abschnitt II, Stadtwehrleiter Olaf Braun.Bei Ihnen ist laut Lageplan alles im grünen Bereich. Heißt das Abzug der Helfer?Braun: Keineswegs. Es gibt immer wieder Hinweise auf neu ausgetretenes Öl in den Kellern. Dann müssen wir wieder ranfahren. Zudem ist in den Kellern noch Wasser, was wir aber gerade bei den alten Häusern nicht auf einmal abpumpen dürfen. Wegen der Standsicherheit. Das Grundwasser steht noch sehr hoch. Manch einer meint sogar, es steige noch. Dann hat mein Abschnitt noch den Abtransport der Sandsäcke aus der Kreisstraße übernommen und den Rückbau des roten Wasserstein-Walls in der Rehsener Straße.

Es werden immer wieder Vorwürfe laut, dass die Arbeiten nicht zügig genug voran getrieben werden. Braun: Unsere Sicht ist da eine andere. Wir können nicht zehn Fahrzeuge in eine Straße reinschicken, um Öl oder Wasser abzupumpen. Dann behindern diese sich gegenseitig. Es gibt eben einfach auch logistische Grenzen. Jetzt zum Beispiel, der Abtransport der Sandsäcke zum Flugplatz. Die Fahrzeuge sind an die 45 Minuten unterwegs. Deshalb muss Waldersee vorerst auch Sperrgebiet bleiben. Hier sind schon genug Fahrzeuge unterwegs. Wie viele Kräfte haben Sie in ihrem Abschnitt? Und wie sind dieseausgestattet? Braun: Fast 50 stehen mir hier noch zur Verfügung, von den Feuerwehren Kasseler Land, der Freiwilligen Dessau-Süd, von der Werksfeuerwehr Leuna, vom THW und von der Bundeswehr sind diese. Anfangs waren es deutlich mehr. Wir haben zwei Großfahrzeuge vom THW und eines von der Bundeswehr. Kipper könnten wir jetzt noch gebrauchen. Aber es gab auch schon Engpässe bei Gummihandschuhen oder Wathosen. Die konnten nicht schnell genug nachgeliefert werden.

Also mussten Sie doch viel improvisieren?

Braun: Improvisieren in dem Sinne, dass wir manchmal eben nicht die optimale Variante fahren können. Wir müssen sehen, was wir vor Ort haben und Kräfte und Mittel dann koordinieren. Ein Beispiel nur, dass auch bei den Ludwigshafenern auf Interesse stieß und

nun in der Feuerwehrzeitung beschrieben wird: Beim Öl-Absaugen kamen wir mit den Ölsanimaten (Öl-Wasser-Trenner) nicht in die überfluteten Straßen rein. Wir wollten aber auch nicht das Öl zusammen- und durch die Straßen schieben, um die Häuser nicht noch mehr zu belasten. Unsere Lösung ist ein Aufbau auf einem watfähigen Fahrzeug. Der besteht aus dem Ölsanimaten, einem Notstromaggregat und einem 2 000-Liter-Sammelbehälter. Damit konnten wir bis zu 1,20 Meter Wassertiefe überall hin. Wie schon gesagt, die Idee kam auch bei den Ludwigshafenern gut an. Wir sollten sie uns patentieren lassen.

Müde helle Köpfe      

Die Nerven liegen blank in Waldersee. Der Kampf gegen die Katastrophe, gegen die Folgen dieses Jahrhunderthochwassers in Hochsommerhitze fordert seinen Tribut, laugt aus, zehrt an den Nerven der Bürger und der Ortschaftsräte ebenso wie an den Nerven der Helfer aus ganz Deutschland. Verständlich, dass Frust rasch aufkommt. Trotzdem bleibt die Bitte um Verständnis. Auch dafür, dass ein Feuerwehrmann neben der Pumpe einschläft. Nicht Faulheit hat ihn übermannt, sondern Erschöpfung. Dass die Kameraden nämlich eigentlich ganz aufgeweckt sind, haben sie nicht nur beim Öl-Absauger gezeigt.

Einwohnerversammlung

Zu Fuß nach Waldersee

Verhaltensregeln ans Herz gelegt

Die Walderseer können seit gestern Nachmittag ihren Wohnort zu Fuß oder mit dem Rad erreichen. Mit dieser Nachricht eröffnete Ortsbürgermeister Lothar Ehm die wenige Stunden zuvor in der Johanniskirche anberaumte Bürgerversammlung und appellierte nochmals an die Vernunft aller Walderseer: Rund 500 Hilfskräfte sind in diesem Dessauer Stadtteil teilweise mit schwerer "Helfen Sie, dass es weiterhin keine Unfälle gibt." Lothar Ehm an die Walderseer.

Technik im Einsatz, um im Ort die ersten schweren Schäden zu beseitigen

Würden die Walderseer nun zusätzlich ihre Fahrzeuge benutzen, um nach Hause zu gelangen, erhöhe sich die Unfallgefahr enorm. Bisher, so Ehm, habe es nur ein paar Kratzer gegeben. "Helfen Sie, dass es weiterhin keine Unfälle gibt", bat er für mindestens noch zwei Tage um äußerste Disziplin. Während der Versammlung wurde den vom Hochwasser Betroffenen eine Reihe Verhaltensregeln ans Herz gelegt. Dabei geht es in erster Linie um Hygiene und um Informationen, wie sich jeder einzelne Walderseer in dieser Situation verhalten soll.

Hygiene ist oberstes Gebot, hatten während der Versammlung Dessaus Amtsarzt Wolfgang Berger und der Amtstierarzt, Thomas Möller, nochmals erinnert. Neben Hinweisen zur Händedesinfektion erklärte Möller, dass inzwischen im Ort Container aufgestellt sind, in denen Tierkörper, aber auch tierische Produkte aus den vermutlich längst aufgetauten Tiefkühltruhen der Haushalte zu entsorgen sind. Sorgen wolle man dafür, das jeder Haushalt. Desinfektionsmittel erhalte. Zudem sind für die Bewohner in einem Betrieb gegenüber der Jonitzer Mühle Gummistiefel bereit gestellt und Handschuhe vorrätig.

Eine weitere Neuerung gibt es seit gestern in Waldersee: Am Ortsausgang ist eine Desinfektionsstelle eingerichtet worden. Jeder, der den Ort verlässt, ist aufgefordert, dort seine Hände zu desinfizieren.

Ab heute sollen die vom Arbeitsamt bereitgestellten 150 Helfer in Waldersee eingesetzt werden. Noch gestern haben sie geholfen, die Deiche zurück zu bauen. Oberbürgermeister Hans-Georg Otto appellierte in diesem Zusammenhang an die Walderseer Bürger. "Schauen Sie auf ihre Nachbarn, wenn es ältere und hilfsbedürftige Leute sind, geben Sie der Einsatzstelle einen Hinweis."

MZ-Service für Waldersee: Bürger informieren Bürger Mitteilungs-Angebot für

Hochwasserbetroffene

Walderseer Bürger, Unternehmen und Einrichtungen, die Informationen an andere Bürger weiter geben möchten, können dies in Kurzform kostenlos in der MZ im Anhalt-Kurier tun. Das können zum Beispiel veränderte Öffnungszeiten, Adressen ausgelagerter Geschäftsbereiche oder Angebote von Dienstleistungen sein, die möglicherweise außerhalb des Ortsteils aufrecht erhalten werden.

Waldersee nach dem Hochwasser Initiative hilft Kindergarten 

Rastatter Bürger sammelten bei Aktionstag

Das vergangene Wochenende wird Karin Böttcher so schnell nicht vergessen. In Rastatt (bei Stuttgart) hielt sie am Sonnabend auf dem Marktplatz eine Rede und berichtete den hunderten Zuhörern von der Hochwasserkatastrophe in ihrer Heimatstadt.

Das dort ansässige Mercedes-Benz-Kundencenter, speziell dessen Initiative "Sterntaler", hatte zu einer Hilfsaktion aufgerufen, um den Dessauern, und insbesondere der Kindertagesstätte in Waldersee, zu helfen. Der Aufruf fand ein riesiges Echo. Einzelhändler, Gastronomen, Vereine, Künstler, Sportler und Bürger sind auf den Marktplatz gekommen, um für Dessau Geld zu spenden oder mittels unterschiedlicher Aktivitäten diese Hilfsaktion zu unterstützen. "Diese Welle der Hilfsbereitschaft, so viele Kilometer von zu Hause weg, war sehr ergreifend", schämt sich die Leiterin des Walderseer Kindergartens ihrer Tränen nicht. Im Nu seien die Lose verkauft gewesen, deren Erlös für Waldersee zur Verfügung gestellt werden soll. Die alte Villa im Herzen des Vorortes, die Domizil der Kindereinrichtung ist, hat es arg erwischt. Vor zwei Jahren erst war alles renoviert worden, Türen erneuert, Sanitäranlagen modernisiert und der Turnraum eingerichtet worden. "Das Hoftor hat nur noch 30 Zentimeter aus dem Wasser geguckt", deutet Karin Böttcher das Ausmaß der Schäden an. Völlig hinüber sei auch die Freifläche nebst der Spielgeräte.

Doch nicht nur die Rastatter meldeten sich im Rathaus, um ihre Hilfe anzubieten. "Die Hilfsbereitschaft ist riesig", weiß auch Petra Frenzel, Fachabteilungsleiterin im Jugendamt. Elternkuratorien aus Kindergärten umliegender Gemeinden hätten sich gemeldet und ihre Hilfe beim Aufräumen und Entschlammen angeboten. Einrichtungen aus Berlin boten eine Möbelspende an. Dessauer fragen an, was gebraucht wird oder wollen Geld spenden. "Wir freuen uns über jeden, der uns helfen will", so Petra Frenzel. "Momentan können wir aber noch nichts tun, müssen ja auch erst die Schadensbegutachtung abwarten. Deshalb schreiben wir jeden Namen auf und melden uns, sowie wir loslegen können." So schnell wie es irgend geht, sollen die Walderseer Kinder wieder ihren eigenen Kindergarten besuchen können.

Donnerstag, 29. August

VOR DER FLUT

Ministerium kennt Schwachstellen

Seit acht Jahren kämpft Waldersees Ortschaftsrat für die Sanierung der Deiche. Hier einige Auszüge aus einem Schreiben dazu: Ministerium für Raumordnung Landwirtschaft und Umwelt, 30. Oktober 2001: Es ist bekannt, dass die Hochwasserschutzanlagen im Bereich Dessau - Waldersee Schwachstellen aufweisen. Das Land ist deshalb bemüht, jederzeit akuten Gefährdungen zu begegnen. ... Bei der Einstufung der Sanierung der Deiche sind die zur Verfügung stehenden finanziellen und personellen Ressourcen zu beachten, um Entscheidungen treffen zu können, welche Deichbauvorhaben im Land in welchem Zeitraum zu realisieren sind. ... Unter günstigen Bedingungen wäre die Realisierung der Baumaßnahme (Deichausbau Waldersee-Großnaundorfer Wall, Schwedenwall) frühestens Ende 2004/ Anfang 2005 möglich.

Walderseer mahnen seit Jahren

"Das kommt alles zu uns!"

An den Sonntagabend vor knapp drei Wochen erinnert sich Gunnar Engelmann noch gut: Im Fernsehen liefen Bilder vom Hochwasser in Tschechien. Im Anschluss daran die Meldung, dass auch im Südosten Deutschlands heftige und sehr ergiebige Niederschläge erwartet werden. Der Walderseer suchte Landkarten raus und stellte fest: "Das kommt doch alles zu uns." Doch zunächst wurde lediglich Hochwasserwarnstufe zwei ausgerufen. "Da sind wir losgelaufen", sagt Engelmann und spricht von den rund 25 ehrenamtlichenDeichwachkräften, die ihre Abschnitte regelmäßig, später dann sogar alle zwei Stunden, in Augenschein nahmen. Dabei seien Deichkontrollen bei Stufe zwei eigentlich nicht üblich. "Doch wir wussten ja, dass unsere Deiche äußerst gefährdet sind."

"Wenn man Vater Franz gesagt hätte, die Wälle müssen erhöht werden, dann wäre gebaut worden." Gunnar Engelmann Ehrenamtliche Deichwache. Womit Engelmann auf den Jahre langen Kampf der Walderseer verweist. Immer wieder haben Ortsbürgermeister und Ortschaftsrat das zuständige Ministerium und das damalige Staatliche Amt für Umweltschutz auf die maroden Deiche hingewiesen. Ergänzt um die Information, dass Waldersee alle 20 bis 30 Jahre von einem großen Hochwasser betroffen war. "Man hat uns ausgelacht", ärgert sich Engelmann. Aus seiner Sicht sind die Walderseer und Bürger, die sich für ihre Belange eingesetzt haben, von den Behörden im guten Glauben

gelassen worden, dass alles nicht so schlimm sei. Dabei gab es jeweils im Frühjahr und im Herbst die Deichschauen, bei denen auch Vertreter der zuständigen Behörden mitliefen. Schwachstellen wurden von den Walderseer Deichgängern und der Freiwilligen Feuerwehr benannt. Als Alibi bezeichnet Engelmann diese Schauen, nach denen sich nur minimalst etwas tat.

Die Walderseer Deicheinschätzung sieht nämlich so aus: Wörlitzer Brücke bis Schleuse: hoffentlich hält er, muss im Auge behalten werden; Wall/Schleuse bis Luisium: ist neu gemacht, gibt ein beruhigendes Gefühl; Luisium-Wall bis Birnbaumweg: sehr stark gefährdet; Birnbaumweg bis Schwedenhaus bis Bundesstraße: äußerst kritischer Bereich.

Was Engelmann, der sich seit seiner Wahl in den Ortschaftsrat intensiv mit den Deichen befasst, besonders wurmt, ist die für den gesamten Ortsteil traurige Wahrheit, dass der Wall genau an der vorher bekannten Problemstelle gebrochen ist. Die erste Hochwasserwelle, die der Mulde, hatte Waldersee relativ gut überstanden. "Die der Elbe hat uns das Genick gebrochen". Und dass sich außerdem die Warnung der Feuerwehr bestätigt hat, die seit langem darauf hinweist, dass sie Zufahrten zu den Deichen benötigt. Im Ernstfall müssten die Säcke über Kilometer weit geschleppt werden, hatte es geheißen. Es war so.

"Für ein Jahrhunderthochwasser kann keiner was, aber das Fundament muss gut sein", kritisiert Engelmann die seiner Meinung nach viel zu lange verzögerten Arbeiten. "Wenn die Deiche in Ordnung sind, dann können sie mit Säcken aufgestockt und verstärkt werden." Statt zu einer Baustelle wurden die rund zehn Kilometer Deich, die den Ortsteil zu drei Viertel umschließen, aber zum Streitpunkt von Naturschützern, Verantwortlichen für Hochwasserschutzanlagen und Denkmalschützern. "Wenn man Vater Franz gesagt hätte, die Wälle müssen erhöht werden, dann wäre gebaut worden", ist sich Engelmann sicher. "Der hatpraktisch und an die Menschen gedacht."

Ortschaftsrat verärgert

Verwaltung soll vor Ort arbeiten 

Büro wird derzeit in Waldersee eingerichtet

"Wir müssen nicht melden, dass die Straßen kaputt sind, das müssen die Verantwortlichen vom Tiefbauamt doch selber merken", ärgert sich Lothar Ehm und schlägt auf den Tisch. Der Walderseer Ortsbürgermeister will seine Wut nicht mehr unterdrücken, nur zügeln. Was ihm in der Ortschaftsratssitzung gestern tatsächlich erstaunlich gut gelingt. Lediglich seine Stimme klingt immer dann drei Töne schärfer, wenn er die Forderungen der Walderseer an die Stadtverwaltung formuliert. "Aber wir haben hier noch 100 000 Probleme." Lothar Ehm Ortsbürgermeister

Diese lassen sich auf einen Punkt bringen: Jeder Mitarbeiter im Dessauer Rathaus muss sich seiner Verantwortung für Waldersee bewusst werden. Deshalb könne es nicht sein, dass er in bestimmten Bereichen um 15.30 Uhr keinen Zuständigen mehr ans Telefon bekomme, betont Ehm. In normalen Zeiten störe ihn das nicht. "Aber wir haben hier noch 100 000 schwerwiegende Probleme." Der Bürgermeister und der Oberbürgermeister wüssten das, räumt er ein, was die Ortschaftsräte bestätigen. Aber sie stimmen Ehm zu, als dieser provokativ fragt: "Sollen wir die anderen alle in einen Bus setzen und hier durchfahren lassen, dass sie die Probleme hier in ihrer ganzen Breite begreifen?"

Dem Frust voraus gegangen waren Tage, in denen die Ortschaftsräte wegen großer Sorgen wie wegen vieler Kleinigkeiten immer wieder mehrere Telefonate führen mussten: Da erklärte der Amtsarzt, dass er nicht für die Verteilung der Desinfektionsmittel zuständig sei. Da wurden Behälter für Sondermüll nicht zum vereinbarten Zeitpunkt und in zu geringer Zahl gebracht. Da wurde die Straßenreinigung nicht in die Wege geleitet. Die Walderseer können weitere Beispiele aufzählen. Und sie haben eins

gemerkt: Im Ehrenamt ist das alles nicht zu schaffen. Deshalb fordern sie jetzt ganz klar die Arbeit der Hauptamtlichen im Rathaus ein. Die Kämmerei habe sich um die Annahme der Spenden und deren Verteilung zu kümmern und das Baudezernat endlich um Bauschäden, nennt Ehm nur einige der zahlreichen Erwartungen.

Dass einiges in dieser Beziehung besser läuft, erhoffen sich die Ortschaftsräte von der Einrichtung eines Bürgerbüros in Waldersee, in dem die Rathausmitarbeiter Ansprechpartner sein sollen. Die Arbeiten dafür laufen.

15 000 Euro aus Rastatt Hilfe für Kindergarten

Die Aktion "Sterntaler" im badischen Rastatt am vergangenen Wochenende zugunsten der Walderseer Kindertagesstätte hat einen Erlös von 11 370 Euro erbracht. Zweitausend Lose stark war eine Tombola, deren Preise quasi über Nacht bei Rastatter Einzelhändlern organisiert worden waren. Besondere "Leckerbissen" wurden amerikanisch versteigert. Innerhalb von zwei Stunden waren alle Lose verkauft. Alle Mitwirkenden des bunten Programms haben zugunsten der Hilfe für Waldersee auf ihr Honorar verzichtet. Das am Ort ansässige Mercedes-Benz Kundencenter des Daimler Chrysler Werks rundet die Spendensumme auf 15 000 Euro auf. Die Leiterin des Walderseer Kindergartens, Karin Böttcher, war nach Rastatt gefahren, um den Bürgern dort von den Ereignissen in ihrer Heimatstadt und speziell im Vorort Waldersee zu berichten.

Freitag, 30. August            

Vorbereitungsarbeiten, Neuer Anlaufpunkt wird eingerichtet            

Stützpunkt soll von 7 bis 21 Uhr geöffnet sein            

Die Räume in der Wilhelm-Feuerherdt-Straße 11 werden gestern Mittag gerade gewischt, da sind die Umherstehenden bereits mit der ersten Frage konfrontiert: "Sind Sie so eine Art Krisenstab? -Ich bin auf der Suche nach Desinfektionsmitteln für meine Wohnung." Der Walderseerin kann geholfen werden, wenngleich vorerst nur mit einem Ratschlag, wo sie sich hinwenden müsse. "Wir müssen zuerst jenen Walderseern unter die Arme greifen, die völlig ohne Hilfe stehen." Hermann Tlusteck über Verteilung der Kräfte So falsch lag die Frau mit ihrer Vermutung eines Krisenstabes an jenem Ort unweit der Schule jedoch nicht. Schritt für Schritt wurden gestern die Räume mitten im Einkaufszentrum hergerichtet, damit das "Poseidon" als Anlaufpunkt für den Ort entlastet werden kann. Geht es nach den Vorstellungen des Walderseer Ortschaftsrates, so sollen bereits ab heute früh 7 Uhr einige wenige Hilfskräfte des Arbeitsamtes dort in zwei Schichten ihren Dienst tun, Anrufe der Bürger entgegen nehmen und Hinweise an den Krisenstab weitergeben können. Die in der vergangenen Woche vom Arbeitsamt zugesagten Hilfskräfte sind inzwischen - wenn auch noch nicht vollzählig - in Waldersee eingetroffen und hatten gestern bereits in den ersten Haushalten mit zugegriffen. Ihr Träger ist die Dessauer Arbeitsförder-, Beratungs- und Servicegesellschaft (dabs), die auch in Absprache mit dem Ortschaftsrat eben jenen neuenAnlaufpunkt einrichtet. "Anfragen nach Hilfe", weiß Orts-Verantwortlicher Hermann Tlusteck, "gibt es aus dem Ort bereits viele." Manche wollten zwei Hilfskräfte gleich für eine Woche buchen. "Derzeit illusorisch", bittet er um Verständnis. "Wir müssen zuerst jenen Walderseern unter die Arme greifen, die völlig ohne Hilfe stehen", sagt der pensionierte Arzt, auf viele Schicksale nach der Hochwasserkatastrophe aufmerksam machend. Die Stromanschlüsse für den neuen Anlaufpunkt waren gestern Nachmittag bereits überprüft. Ein Handy als Kontakttelefon zur Außenwelt ist angeschafft. Es muss nur noch geladen werden, versichert Peter Lindner, Geschäftsführer der dabs. Derzeit wird der Ort von 62 Hilfskräften unter Regie der dabs unterstützt. 30 weitere sind zunächst bei der Dessau-Wörlitzer Kulturstiftung im Schloss Großkühnau sowie im Wörlitzer Park eingesetzt worden . Mit Wochenbeginn soll die Mannschaft komplett sein. Lindner geht dann von 118 Helfern für den überfluteten Dessauer Stadtteil aus. Der Anlaufpunkt in der Wilhelm-Feuerherdt-Straße 11 soll folgendermaßen geöffnet sein: montags bis sonnabends von 7 bis 21 Uhr, am Sonntag von 8 bis 19 Uhr. Telefon-Kontakt über 01 51/ 12 74 37 96.

Hilfe für geschädigte Unternehmen

Endgültiges Ende verhindern Sofortprogramm hilft schnell

Individuelle Zukunftslösung am Runden Tisch der IHK

"Wir setzen alles daran, dass die Unternehmen ihre Geschäftstätigkeit fortführen können", beschreibt Manfred Piotrowsky, Geschäftsführer der IHK-Geschäftsstelle Dessau, die Arbeit seiner Kollegen in diesen Tagen nach der Hochwasserkatastrophe. Zur Unterstützung der betroffenen kleinen und mittelständischen Unternehmen wurden von Bund und Ländern zwei Hilfspakete geschnürt. In einem Sofortprogramm wird den Unternehmen für den Verlust von Wirtschaftsgütern ein erster, nicht rückzahlbarer Zuschuss, in Höhe von 50 Prozent der

eingetretenen Schäden, maximal 15 000 Euro, gezahlt. "Dies ist gedacht für Gebäudeschäden, für den Ersatz von Geschäfts- und Büroausstattungen, Maschinen, Anlagen, Werkzeuge oder Waren", erläutert Piotrowsky. "Für Umsatz- oder Auftragsverlust gibt es das Geld nicht." Die Zuschüsse erhalten Unternehmen aller Branchen (bis 250 Beschäftigte) sowie Freiberufler, die unmittelbar vom Hochwasser betroffen sind. "Das heißt, sie müssen nasse Füße haben."

"Wir nehmen die Unternehmer an die Hand." Manfred Piotrowsky IHK-Geschäftsführer.

Die Auszahlung soll ab 1. September über das Landesförderinstitut erfolgen. "Eine schnelle Bearbeitung ist uns zugesagt, so dass ich hoffe, dass es wirklich nur Tage dauert." Die Anträge werden von einer Schadenskommission, bestehend aus Vertretern des Regierungspräsidiums, der Handwerkskammer und der IHK überprüft. Dem Antrag sollte eine Dokumentation der Schäden beigefügt sein. "Wir möchten aber nicht nur die Formulare ausgeben, sondern den Unternehmen praktisch helfen in dieser schwierigen Situation." So bringen die Mitarbeiter der IHK-Geschäftsstelle die Anträge zum Teil selbst in die Unternehmen, helfen bei der Schadenserfassung und dem Ausfüllen des Formulars. "Viele sind vollkommen geschockt, wissen gar nicht, was sie denn zuerst tun sollen, wo es welche Hilfe gibt. Da sind wir da und nehmen die Unternehmer an die Hand." Allein in Dessau-Waldersee gibt es 120 IHK-Unternehmen, hinzu kommen Freiberufler und Handwerker. "Nahezu alle sind betroffen", weiß Piotrowsky, "und viele davon im dramatischen Ausmaß." Einen Überblick über die Gesamtschäden in den Unternehmen habe die Kammer aber noch nicht. Für das zweite Hilfspaket, bei dem es um die Weiterführung der Geschäftstätigkeit geht, wird die praktische Umsetzung vorbereitet.

Vorgesehen sei, dass die Industrie-und Handelskammer ihr Instrument der Runden Tische nutzt und für jedes Unternehmen gemeinsam mit der Förder- oder Hausbank eine individuelle Lösung strickt, informiert Manfred Piotrowsky über den Stand. Jedem Unternehmen soll außerdem professionelle Unterstützung durch einen Berater der Deutschen Ausgleichsbank gegeben werden. Angesiedelt soll dieses "Sonderprojekt Hochwasser" in der Geschäftsstelle Dessau sein, um auf kurzen Wegen schnell handeln zu können.

Samstag, 31. August

Waldersee Großer Andrang im neuen Büro

Anlaufpunkt für Hochwasser-Opfer öffnet

Kugelschreiber! Wer hat einen Kugelschreiber? In der Walderseer Feuerherdt-Straße 11 geht die Suche los. Manchmal fehlt es an den einfachen Dingen. Vor wenigen Stunden erst hat das Bürgerbüro im Dessauer Vorort seine Arbeit aufgenommen, schon jetzt ist das Gedränge, das Wirrwarr, das Durcheinander enorm. Das Telefon klingelt fast ununterbrochen. Ständig kommen Walderseer Bürger vorbei, fragen, bitten, schimpfen zuweilen. "Der Andrang ist irre", sagt Christel Krüger von der Stadtverwaltung. "Das wird wohl noch drei, vier Wochen so bleiben." Die Flut ist gegangen, zurück blieb ein Chaos, das sich nur mühsam beherrschen lässt, zurück blieben ungezählte Probleme. Diese sollen vor Ort gelöst werden, gemeinsam mit dem Krisenstab, der ebenfalls in die Feuerherdt-Straße ziehen soll: Montags bis samstags von 7 bis 21 Uhr, sonntags von 8 bis 19 Uhr sind ab sofort Helfer vor Ort, von der dabs,deren Mitarbeiter den Einsatz von ABM-Kräften koordinieren, von der Stadtverwaltung, deren Kräfte die vielen kleinen und großen Schwierigkeiten meistern sollen: den Abtransport des Sperrmülls, die Trockenlegung der Mauerwerke, die Ermittlung der Schäden. Es geht darum, wann Waldersee wieder Strom bekommt, wann die Telefone funktionieren, wann Warengutscheine ausgeteilt werden, wo Wurst, Brot und Getränke verkauft werden können. Nicht auf alle Fragen gibt es Antworten.

"Es gibt hunderte Probleme", sagt Sozialdezernent Wolfgang Focke, der sich allmählich der wohl schwierigsten Aufgabe widmet: der Verteilung der vielen, vielen Spenden. "Wir versuchen Kriterien aufzustellen, um diese möglichst gerecht zu verteilen."

Bedarf an Hilfsgütern aufgelistet

Angebote per Telefon

Was noch an Hilfsgütern für die Flutopfer benötigt wird, das hat die Stadt Dessau mit den Hilfsorganisationen abgestimmt. Für die Erstausstattungen von Übergangswohnungen fehlen noch Kleiderschränke, Liegen, Spülen, Waschmaschinen und funktionstüchtige Kühlschränke. Ansprechpartner hierfür ist die ASG, Telefon 03 40/2 53 80. Für die spätere Ausstattung der hochwassergeschädigten Wohnungen werden Möbel, Waschmaschinen, Herde, Kühlschränke, Tiefkühlschränke, Küchenkleingeräte, Handwerkzeug, Schaufeln, Besen, Schneeschieber und Mückenspray benötigt. Angebote dieser Art nimmt die Spendenhilfe Waldersee über Telefon 03 40/2 60 79 17 bzw. Fax 03 40/2 60 79 46 entgegen. Von unangemeldeten Anlieferungen bittet die Stadtverwaltung künftig Abstand zu nehmen.

Landesbetrieb Hochwasserschutz

Derzeit werden Schäden erfasst Erstziel: Stabile Deiche bei Winterhochwasser

"Die Deiche werden richtig zugemacht, so dass ein normales Winterhochwasser keine Gefahr für Waldersee darstellen wird", erklärt Hans-Werner Uhlmann. Der Geschäftsbereichsleiter des Landesbetriebes für Hochwasserschutz reagiert mit dieser Aussage auf die Befürchtungen vieler Walderseer, dass ihre Grundstücke jetzt öfter und vor allem schon bei den regelmäßigen Hochwassern überflutet würden. Bis Ende nächster Woche wolle der Landesbetrieb die Schäden an den Deichen von Mulde und Elbe erfasst haben, erzählt Uhlmann, Dazu werde natürlich auch der Schwedenwall gehören. Schon jetzt sei klar, dass bisherige Planungen auf Grund der neuen Erkenntnisse aus dieser Katastrophe mit den unwahrscheinlichen Wassermengen nochmals geprüft werden müssen. Der Geschäftsbereichsleiter des Landesbetriebes erhofft sich in der Folge gerade für Waldersee und das Gartenreich eine schnellere Einigung mit den Naturschützern und Denkmalpflegern. Die bestehende Trasse von "Vater Franz" ist aus Sicht Uhlmanns "eine unwahrscheinlich seriöse Arbeit". Allerdings sei an Deichhöhe und Kronenbreite zu arbeiten. Außerdem sei Hochwasserschutz mehr als nur Deichbau, fügte Uhlmann hinzu. Es gehörten dazu auch die Deich-Bermen, die Zufahrten beziehungsweise Verteidigungswege. Diese müssten zum einen, wie in Waldersee, überhaupt erst einmal angelegt werden, zum anderen müssten sie grundsätzlich so hoch sein, dass sie auch bei Hochwasser befahrbar bleiben.

Montag, 2. September.

Das Hochwasser und die Folgen "Da ist ein Stück Leben zerbrochen"

Dank- und Fürbitt-Gottesdienst in Mildensee

Kollekte für Waldersee erbringt 3 250 Euro

Dessau/MZ. Eva-Maria Schneider weiß um das Durcheinander der Gefühle. Da sind Freude und Dankbarkeit. Da sind aber auch Trauer und Kummer. Schneider, Pfarrerin von Mildensee, Waldersee, Sollnitz und Kleutsch, fällt der Umgang damit schwer. Mildensee gerettet, Waldersee gefallen, da prallen Extreme aufeinander. "Es tut weh, den Walderseern in ihrer Verzweiflung zu begegnen", gesteht die Pfarrerin. Im Ort seien nicht nur Häuser undGrundstücke zerstört, "da ist ein Stück Leben zerbrochen, weggespült von der Flut".

"Wir waren ausgeliefert der Gewalt des Wassers, ohnmächtig, voller Angst", erinnert Schneider an die Tage im August. Bis zur Mildenseer Kirche stand das Wasser, zum Dank- und Fürbitt-Gottesdienst am Sonntag ist das nicht vergessen. "Wir haben lange gedacht, schlimmer als 1954 kann es nicht kommen." Es kam schlimmer.

"Wir haben gedacht, schlimmer als 1954 kann es nicht kommen." Eva-Maria Schneider Pfarrerin "Uns war die Rolle zugewiesen worden, der zu sein, der am Boden liegt, um den man sich nicht mehr kümmern braucht, weil es keinen Sinn hat", erklärt Schneider die Mildenseer Verbitterung. "Uns hat diese Rolle nicht gefallen. Wir haben etwas getan." Mildensee hat sich ein Wunder erarbeitet und schaut manchmal etwas ungläubig darauf. "Es entstand ein Gefühl der Gemeinschaft, der Solidarität, des Füreinanderdaseins", weiß Schneider. "Wir dürfen uns freuen, dass Mildensee bewahrt worden ist." Und doch gibt es Wunden. "Es wird Zeit brauchen, das Geschehene zu verarbeiten", gibt Schneider zu. Die Pfarrerin ist auch persönlich betroffen. 1,60 Meter stand das Wasser in der Walderseer Kirche und hat vieles kaputt gemacht. "Die Kirche kriegen wir wieder hin", versichert Schneider aber voller Trotz. Ihren Walderseern hat sie gesagt: "Ich kümmere mich um die Kirche. Kümmern Sie sich um sich selbst." Da ist genug zu tun. Gespenstisch sieht Waldersee noch immer aus: Die Straßen vollgestellt mit Sperrmüll, die Häuser grau und leer, liegt ein modriger Geruch in der Luft, der manchmal den Atem nimmt. Waldersee ist dabei, Ordnung in das Chaos zu bringen, zu verarbeiten, was kaum zu begreifen ist. Seit Freitag gibt es in der Walderseer Feuerherdt-Straße einen Anlaufpunkt für alle Probleme. "Wir versuchen jedem zu helfen", sagt Almuth Scharge - nicht immer ist das möglich. "Uns fehlen freiwillige Helfer, die wir losschicken können, die mal mit anpacken." Es geht nur langsam voran - vor allem der Abtransport des Sperrmülls dauert. "Es geschieht vieles unkoordiniert. Es fehlt eine straffe Leitung", kritisiert Waldersees Bürgermeister Lothar Ehm. "Die Müllabfuhr müsste auch nachts erfolgen. Da sind die Straßen frei." Das wurde bislang abgelehnt: Am Scherbelberg gebe es kein Licht. Ehm macht das wütend: "Ich glaube manchmal, die haben die Dimensionen hier noch gar nicht erkennt." Dass Hilfsangebote undifferenziert abgelehntwurden, sorgt beim ihm für zusätzlichen Ärger. Immerhin, es gibt erste, kleine Erfolgsmeldungen: Siebzig Prozent aller Walderseer Haushalt hatten am Sonntag wieder Strom. Die Pumpen laufen ununterbrochen, um Keller zu leeren. Nahezu abgeschlossen ist eine erste Aufnahme der Schadensmeldungen. "Allmählich kriegen wir einen Überblick", sagt Scharge. Einen Überblick, der helfen soll, die Spenden gerecht zu verteilen. Die werden immer mehr. Beim Gottesdienst in Mildensee wurde für die Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr Waldersee gesammelt. "Die hatten keine Chance, bei sich zu Hause etwas zu retten", sagt Pfarrerin Schneider. 3 250 Euro kamen zusammen. "Damit hatten wir nicht gerechnet."

Mittwoch, 4. September

Entsorgungsprobleme Arbeit erfolgt jetzt in zwei Schichten

Mit Sperrmüllbergen wächst Anwohnerärger

Rechts und links der Straßen in Waldersee türmt sich der Sperrmüll nicht nur zu Bergen. Er wächst geradezu zu Wänden. Zu Mauern von Schränken, Schubladen, Türen, Balken, Sesseln, Stühlen, teilweise zerlegt gestapelt, teilweise ausbalanciert übereinander geschachtelt. Nass, ölverschmiert, schimmelnd, langsam verrottend, stinken das vom Hochwasser geschädigte Mobiliar und der Hausrat beziehungsweise die verschiedensten früheren Ausstattungen von Schuppen, Garagen und Kellern. Mit den Sperrmüllhaufen wächst der Ärger in Waldersee. "Die Konflikte sind programmiert", reagiert Falko Föhrigen auf diese Vorwürfe. Der Chef des Eigenbetriebs Stadtpflegebetrieb nennt nur ein Beispiel: Wenn die Fahrzeuge in einer Straße Haus für Haus den Sperrmüll abfahren, würden sich diejenigen, die schon das zweite Mal Müll vor das Haus werfen, aufregen, dass dort nicht ganz aufgeräumt werde. Werde aber ein zweites Mal am gleichen Grundstück der Müllabgefahren, würden diejenigen wütend, wo noch kein Fahrzeug hingekommen war. "Egal wie, es gibt immer Ärger", schlussfolgert Föhrigen. Deshalb werde der Sperrmüll nach dem Einsatzplan abgefahren. Wobei der Zeitplan schwer zu untersetzen sei, räumt Föhrigen ein. "Obwohl wir alles, was uns zur Verfügung steht, im Einsatz haben."

Der Stadtpflege-Geschäftsführer spricht dabei von den eigenen Mobilbaggern, Lkw mit Selbstladearm, Kippern und Containerfahrzeugen und von der Verstärkung durch Bagger von Privatunternehmen, die seit gestern im Zwei-Schichtsystem entsorgen und somit vom Hell- bis Dunkelwerden im Einsatz sein können. Mehr große Bagger und Abholkipper würden sich gegenseitig behindern, findet Föhrigen. Man bekommt für morgen aber zwei Fahrzeuge aus Ludwigshafen dazu. Hilfe erhalten die Mitarbeiter außerdem durch ABM beim Sortieren und Aufladen des Sperrmülls, jedoch könnten diese nicht die Spezialfahrzeuge bedienen. Auch einen Nachteinsatz hält er für nicht machbar, selbst wenn die Deponie beleuchtet werden würde. Der Sperrmüll müsse fachgerecht eingebaut werden, erklärt er und fürchtet, dass es ansonsten Unfälle geben könnte. Allerdings hat Föhrigen für Sonnabend die Zusage, dass 20 Fahrzeuge aus Berlin kommen. Die Berliner würden freiwillig hier arbeiten, für einen Tag so wie vor einer Woche.

Noch etwas Zeit braucht´s

Die Situation ist vertrackt: Als die Mulde und die Elbe die Stadt bedrohten, fanden sich unzählige Freiwillige aus Dessau und dem ganzen Land. Sie wurden herzlich begrüßt. Mit sinkendem Pegel sank auch die Zahl derer, die an den Deichen benötigt wurden. Etliche, die mit anpacken wollten, wurden abgewiesen. Zu dem Zeitpunkt die richtige Entscheidung. Doch nun werden auch an Deichen wieder Helfer gesucht. Dass da in der Not Schüler gebeten werden, ist auch ein Hilferuf.

Doch steht in Waldersee noch eine Aufgabe einer ganz anderen Dimension. Hilfe für private Bereiche ist hier zu koordinieren. Ein schwieriges Unterfangen, das gar nicht ohne Anfangsschwierigkeiten ins Laufen kommen kann. Gerade deshalb sollten die Walderseer nicht aufgeben, ihren Bedarf anzumelden, sollten Helfer immer wieder ihre Hilfe anbieten. Manches braucht seine Zeit. Auch das Zusammenführen von Helfern und Hilfesuchenden.

 

 

Donerstag, 5. September
Kirche will Bänke retten
Schaden derzeit auf rund 350 000 Euro geschätzt

Auf rund 350 000 Euro könnte sich der Schaden in der Kirche in Waldersee belaufen, vermutet Pfarrerin Eva-Maria Schneider. Sie relativiert damit die erste Schätzung von einer halben Million Euro. Allerdings wisse sie nicht, ob es nicht noch Folgeschäden gebe, fügt sie an und ob es zum Beispiel gelingt, die Kirchenbänke zu retten.
Versuchen wollen es die Walderseer erst einmal. Am Sonnabend gibt es in der Kirche einen großen Helfereinsatz, bei dem unter anderem die Bänke gewaschen werden sollen. Dann können sie in einer Halle bei Holz-Fahrtmann zum Trocknen untergestellt werden. Schäden indes gibt es auf alle Fälle am Mobiliar, am Fußboden und an der Restauration, die im vorigen Jahr abgeschlossen worden war. Immerhin hatte das Wasser in der Kirche etwa anderthalb Meter hoch gestanden, war das Mausoleum betroffen und zieht noch Feuchtigkeit in den Mauern nach oben.

Spenden rasch zu Firmen
Gemeinsame Aktion

Die sofortige Vergabe von Spenden haben der Rotary Club Dessau und der Lions Club Dessau-Anhalt in einer gemeinsamen Sitzung beschlossen.
Die bisher eingegangenen mehr als 81 500 Euro sollen an 130 Betriebe, Gewerbetreibende und Ärzte in Waldersee weitergegeben werden. Sie würden bei weiteren Zahlungen von Hilfsgeldern aus anderen Quellen in Rechnung gestellt, erklärt Rotary-Präsident Alfred Radeloff zur Vergabe. Somit entstehe nur eine zeitliche Bevorzugung.

Hochwasserhilfe         
Finanzamt im Walderseer Bürgerbüro         
Lohnsteuerermäßigung für Arbeitnehmer - Hotline weiterhin geschaltet -
Beratung jederzeit 
        

In den ersten Tagen nach der Flut standen die Telefone der Hochwasser-Hotline im Dessauer Finanzamt kaum still. Drei Mitarbeiterinnen waren im Einsatz, um die vielen Anrufe und Fragen zu beantworten. Inzwischen ist der Ansturm etwas weniger geworden, so dass Daniela Krimmling die Hotline allein betreuen kann. Das Finanzministerium Sachsen-Anhalts hat eine Reihe steuerlicher Erleichterungen für Hochwasser-Geschädigte beschlossen, die im Amt in der Kühnauer Straße "so unbürokratisch wie möglich" für die Bürger umgesetzt werden. "Wir helfen mit unseren Mitteln und schöpfen alle Möglichkeiten aus", versichert Vorsteher Hildebrand Hendriksen. Dabei gehe es insbesondere darum, jetzt und sofort zu helfen. Möglichkeiten gibt es dabei sowohl für Arbeitnehmer, als auch für Arbeitgeber und Unternehmen wie auch für Vereine.
Wichtigste Hilfe für die Arbeitnehmer dürfte die Beantragung einer ermäßigten Lohnsteuer sein. "Wenn jemand seinen gesamten Hausrat und seine
Bekleidung verloren, große Aufwendungen für die Wiederherrichtung der Wohnung hat, dann sind das außergewöhnliche Belastungen, die steuerlich
geltend gemacht werden können", erläutert Angelika Nottrodt. Dafür muss ein entsprechender Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte eingetragen werden. Um
dies den Walderseern zu erleichtern, sind ab heute, jeweils dienstags und donnerstags, Mitarbeiterinnen im Bürgerbüro vor Ort, wo sie Anträge entgegen
nehmen und wo die ausgefüllten Lohnsteuerkarten wieder abgeholt werden können. "Die ersten Anträge mit Merkblättern haben wir Anfang der Woche
bereits nach Waldersee gebracht", so Angelika Nottrodt. Wer seine Einkommenssteuererklärung oder Anträge auf Eigenheim- oder Investitionszulage bereits abgegeben hat, kann darum bitten, dass diese vorzeitig bearbeitet werden. "Ein Anruf genügt", so Hendriksen. Fällige Steuern, wie die Kfz-Steuer zum Beispiel, können gestundet, aber nicht erlassen werden. Auf Stundungsgebühren würde verzichtet, bei verspäteter Zahlung erhebt das Finanzamt keine Säumniszuschläge. "Eine Stundung oder der Erlass der Säumnisgebühren müssen aber beantragt werden", erklärt der Vorsteher. "Wir bitten generell darum, dass sich die Leute bei uns melden, denn unsere Bearbeitung erfolgt per Computer, der aber weiß nicht, wer Hochwasser geschädigt ist." Steuerliche Erleichterungen gibt es auch für Unternehmen, so sind Stundungen möglich, auch die Aussetzung von Vollstreckungen bis zum 31. Dezember. "Damit nicht dies auch noch belastet", meint Hendriksen. Zum 10. September wird die nächste Vorauszahlung für die Einkommens- oder Körperschaftssteuer fällig. Auf Antrag kann diese herabgesetzt werden. Reagiert wurde auch auf die enorm hohe Spendenbereitschaft der Bürger. So gilt bis 31. Dezember für die steuerliche Behandlung von Spenden auf Sonderkonten ein vereinfachter Zuwendungsnachweis, d. h. die Vorlage der Buchungsbestätigung oder des Einzahlungsbelegs genügen. Seit Montag dürfen auch gemeinnützige Vereine Spenden annehmen und verteilen, die dies nicht im Satzungszweck stehen haben.

         
Neubeginn
Geschäft zieht in einen Bauwagen
Dieter Becker spricht von wirtschaftlichem Totalschaden und tödlichem Hochwasser für Waldersee


Wenn alles klappt, will Dieter Becker heute wieder sein Geschäft in Waldersee öffnen. Nicht den eigentlichen Laden an der Ecke Goltewitzer/Coswiger Straße. Dessen Räume sind noch immer vom Hochwasser gezeichnet, erst eine Woche trocken. Becker bietet Waren und Service in einem Ausweichquartier im Hof an. "Übrig sind mein Lehrling und ich."

Dieter Becker Gewerbetreibender


Schon seit einigen Tagen steht dort der Bauwagen, den ihm ein Oranienbaumer Unternehmen zur Verfügung stellt und den ein Autohaus kostenlos nach
Waldersee transportierte. Kleinmaterialien, Batterien und auch Glückwunschkarten möchte der rührige Walderseer hier verkaufen. Speziell für die älteren Leute soll die gewohnte Adresse wieder Anlaufpunkt werden, auch für Schlüsseldienst und natürlich Fahrräder. Diese haben Becker, sein Lehrling und Familienangehörige schon wieder in den einzigen Raum gebracht, der noch einigermaßen brauchbar scheint. Es ist der ehemalige Ausstellungsraum, der erst vor kurzem renoviert worden war.
Die benachbarten Zimmer indes sind inzwischen weitgehend frei geräumt, die Tapeten und Verkleidungen abgerissen. "Das haben wir alles selbst gemacht, ohne städtische Hilfe oder so." Ärgerlich klingt Beckers Stimme, wenn er durch ehemalige Büros und Ladenräume geht: Alles Kahlschlag jetzt, Chaos davor. "Hier lagen die Regale mit all den Akten in der Brühe", beschreibt Dieter Becker das Bild, das ihm noch immer vor Augen steht, das aber auch von einer Wasserkraft zeugt, die er nicht vermutet hatte. Ganz zu schweigen von der Höhe, die das Wasser erreicht hatte. Selbst in der Feinmechanik-Werkstatt, zu der vom Hof noch sechs hohe Stufen nach oben führen, hatte das Wasser zehn Zentimeter gestanden.
"Wirtschaftlicher Totelschaden", konstatiert der Gewerbetreibende. In Zahlen? Über 100 000 Euro. Als fast 60-Jähriger stehe er jetzt schlechter da, als damals, als er angefangen habe, findet Becker. Seit 1985 ist der Handwerksmeister selbstständig, 1991 hatte er sich in das Eckhaus eingemietet und Schritt für Schritt, nämlich Raum für Raum, und Werkstatt für Werkstatt "ein recht ordentliches Geschäft" aufgebaut, wie er sagt. Fahrradverleih und Post, Schlüsseldienst und Briefkastenanlagen, für all das stand der Name "Fahrrad-Becker" bis noch vor drei Wochen. Sieben Mitarbeiter und ein Lehrling lebten davon. Becker musste alle entlassen: "Übrig sind mein Lehrling und ich." Sein Schwiegersohn, der bei ihm arbeitete, werde sich selbstständig machen, auch sein Sohn, gibt sich Becker zuversichtlich.


Wie es bei ihm weiter gehen werde, das jedoch weiß er nicht. Mit der Wieder-Eröffnung des Geschäfts ist noch lange nicht gesagt, dass die Kunden
wieder zu ihm kommen, dass der Umsatz ausreicht. "Dieses Hochwasser ist absolut tödlich für Waldersee", denkt Becker, der seit zehn Jahren im
Ortschaftsrat tätig ist. Er bezieht das nicht nur auf den wirtschaftlichen Wegbruch. "Wenn hier nicht sofort was mit den Deichen passiert, werden viele
Bodenständige Lebewohl sagen", prophezeit der selbst in Waldersee geborene. Der Werteverlust der Grundstücke wäre eine Seite. Die andere: Wer will denn unter diesen Voraussetzungen noch nach Waldersee ziehen?
"Wir brauchen über Wochen und Monate kostenlose Hilfe, die beim Austrocknen der Keller anfängt und beim Instandsetzen der Wohnungen noch nicht aufhört", ist er sich sicher. Gleichzeitig befürchtet er jedoch, dass Waldersee nach einigen Wochen in Vergessenheit geraten könnte. Deshalb hofft er, dass im Stadtrat und in der Verwaltung lange genug Stimmen laut werden, die sagen:
"Wir können den Ort nicht allein lassen!"


Freitag, 6. September

Scheckübergabe 6.09.2002
Kurort Waldsee hilft Waldersee 

41 000 Euro für Feuerwehr und Heimatverein

Waldersees Ortsbürgermeister Lothar Ehm und Dessaus Oberbürgermeister Hans-Georg Otto hatten Tränen in den Augen, Tränen der
Rührung. Das Hochwasser hat Waldersee verlassen, gekommen sind Menschen aus ganz Deutschland, die Waldersee nicht allein lassen.
"Waldsee hilft Waldersee" war eine Aktion überschrieben, die am Donnerstag ihren Abschluss fand: Wolfgang Pfefferle, Geschäftsführer von Müller-Reisen in Bad Waldsee-Gaisbeuren, und Professor Rudolf Forcher, Bürgermeister und Kurdirektor in Bad Waldsee, waren persönlich angereist, Spenden zu übergeben. Ein Scheck über 33 000 Euro erhielt die Freiwillige Feuerwehr Waldersee, über 8 000 Euro darf sich der Heimatverein des Vorortes freuen.
Zwei Wochen lang hatte der Kurort im Süden Deutschlands für Waldersee und für eine Kindertagesstätte in der sächsischen Stadt Meißen gesammelt - mit einem beeindruckenden Ergebnis: Über 70 000 Euro kamen zusammen, die nun vor Ort helfen sollen, die Not zu verringern. Ehm und Otto blieb nicht mehr, als Danke zu sagen für eine Aktion, die nicht selbstverständlich ist und gerade
deshalb alle Beteiligten so rührt.

 

Dienstag, 10. September

Kameraden nach der Flut, Förderverein unterstützt Feuerwehr

 

"Wir wollen der Freiwilligen Feuerwehr helfen, ihre aufgaben im Zivil- und Katastrophenschutz zu erfüllen", umreißt Kerstin Schmidt kurz das Ziel, das sich der neu gegründete Förderverein der Walderseer Feuerwehr gestellt hat. "Mit Ausstattungsgegenständen, zum Beispiel", fügt die Schatzmeisterin hinzu und räumt ein, dass dies eigentlich Aufgabe der Stadt Dessau wäre. Soch: "Im Stadthaushalt fehlt es an allen Ecken und Enden." Deshalb werde der Förderverein von Spenedne geldern verschiedene Aufrüstungen und Geräte anschaffen und diese den Walderseer Kameraden kostenlos zur Verfügung stellen.

Ein großer Teil der Ausstattung, der Bekleidung und der Technik der Walderseer Kameraden ist nach dem Bruch des Schwedenwalls im Wasser untergegangen. Auch der Turm und das Gerätehaus sind durch das Hochwasser geschädigt. Selbst die historische Spritze der Walderseer stand unter Wasser.

Welcher Schaden insgesamt entstanden ist, das können die Kameraden noch nicht abschätzen. Türen und Fenster sind verzogen in den Räumlichkeiten, die sie sich her- und eingerichtet hatten. Deutlich ist zu erkennen, wie hoch hier das Wasser gestanden hat. "Tische, Stühle, alles ist hin", ärgert sich Kerstin Schmidt. Vor einem halben Jahr etwa hatten sich die Feuerwehrleute eine Küche zugelegt. Die hat die 63 cm Wasserhöhe wie so vieles in den Räumen nicht überstanden.

"Wir hatten uns das alles hier in Eigenleistung geschaffen", resümiert Uwe Schmidt, der stellvertretende Leiter der Walderseer Feuerwehr und Vorsitzender des Fördervereins. "Aber wir haben jetzt nicht die Kraft, das wieder in Eigenleistung zu sanieren." Die Kameraden müssen erst einmal bei sich zuhause anpacken, meint auch Bernd Meier, der stellvertretende Fördervereinschef. "Wie bei allen Walderseern ist doch auch bei uns alles abgesoffefn."

Mit Hilfe der Fördervereins hoffen die Kameraden nun, einiges schneller wieder in Stand setzen zu können. Spenden für die Walderseer Wehr sind in den zurückliegenden Tagen etliche eingegangen, kleiner und größere. Unter anderem haben Feuerwehrleute, die im Katastrophengebiet in den vergangenen Wochen im Einsatz waren, in ihren Heimatorten gesammelt odr selbst von dort noch einen Betrag überwiesen. Überweisungen kamen so aus Northeim und Lindau. Die Schatzmeisterin hat also schon einiges zu tun, auch wenn der Förderverein erst wenige Tage alt ist. "Doch der Bedarf ist auch riesig", schätzt sie ein.

 

Kommentar
Kein "blinder Aktionismus"
Von HENRIK KLEMM

Lothar Ehm ist kein Einzelkämpfer. Der Mann, der ehrenamtlich sich in den vergangenen schlimmen Wochen unermüdlich für Waldersee eingesetzt hat, vertritt als Ortsbürgermeister die Bürgerschaft. Und eben die hat ihm den Auftrag erteilt, sich für eine rasche Instandsetzung der Deiche stark zu machen. Die Unterschriften unter der Resolution zeugen nachdrücklich davon. Und mit eben diesem Nach- druck werden alle Verantwortlichen aufgefordert, rasch etwas zu tun, damit die Angst vor einer Flut schwindet, der Neuauf- bau einen Sinn bekommt. Wer dieses Vorgehen als "blinden Aktionismus" bezeichnet, wie es Oberbürgermeister Hans-Georg Otto gestern tat, der zieht die falschen Schlüsse.
Warum wird die Resolution nicht als Verstärkung der eigenen Aktivitäten begriffen? Die- se und andere Fragen wird Hans-Georg Otto noch beant- worten müssen. Und sicher auch: Warum die Verantwortlichen in Waldersee nicht wissen, dass "alle erforderlichen Dinge eingeleitet sind". Wie einfach wäre es gewesen, dies auf der Einwohnerversammlung mitzuteilen.

 

Freitag, 13 September

Maintaler Karnevalsvereine richten eine große Benefiz-Veranstaltung aus

 

Es ist schon eine gewaltige Aufgabe, innerhalb von drei Wochen eine Veranstaltung auf die Beine zu stellen, die ein breites Publikum anspricht. Aber genau das haben alle engagierten karnevaltreibenden Vereine Maintals nun geschafft.
Am Freitag, dem 13. September präsentieren sie ihre Benefiz-Veranstaltung zugunsten der Hochwasseropfer in Dessau-Waldersee, deren Reinerlös direkt betroffenen Opfern übergeben werden soll. Hierzu wird der Vorsitzende des Bundes Deutscher Karnevalisten erwartet.


Für die Benefiz-Veranstaltung haben zahlreiche Künstler und Gruppen ihre Teilnahme zugesagt.
So werden am 13.9. in bunter Folge die "Schoppesänger" aus Wachenbuchen, die HMV Majorettes, die Sopranistin Isa, die Portugiesische Folklore-Gruppe, der beliebte Kabarettist Rainer Bange, die Linsebube aus Neu Isenburg, die Dörnigheimer Jazztanzgruppe Roadrunners, ein Zauberer  eine Hip-hop-Gruppe, der Bariton Alexander Wolf , das Gesangsduo Klaus Hahn und Rolf Eisenhauer das Publikum begeistern..
Dazwischen sind noch ein Sketche und eine besondere Kuriosität zu erwarten.
Zwei weitere Programmpunkte sind bis zur Stunde noch vakant. Den musikalischen Rahmen des Programmes gestaltet Charly Nix & Band. Durch das Programm führt Peter Wijnvoord.
Da kein Kartenvorverkauf stattfindet, sondern an der Abendkasse eine Eintrittsspende in Höhe von 10 Euro entrichtet wird, ist es sinnvoll, wegen des erwarteten großen Interesses in der Bevölkerung rechtzeitig den Weg ins Bischofsheimer Bürgerhaus zu finden. (Einlass 19 Uhr, Beginn 20 Uhr)